Pressestunde

Glawischnig: “Die Grünen sind eine Frauenpartei!”

Österreich
16.02.2009 08:42
Grünen-Chefin Eva Glawischnig hat am Sonntag in der "Pressestunde" den umstrittenen harten Kurs ihrer Partei gegenüber dem geschassten EU-Abgeordneten Johannes Voggenhuber verteidigt. Von einem "Geschlechterkampf" könne keine Rede sein, überdies seien die Grünen schon immer "eine Frauenpartei" gewesen. In punkto Wirtschaftskrise fordert die ehemalige Dritte Nationalratspräsidentin von der Regierung ein drittes Konjunkturpaket mit Öko-Einschlag. In der Diskussion um die Managergehälter lässt Glawischnig mit einer konkreten Zahl aufhorchen: Das Gehalt des Bundeskanzlers - jährlich 285.000 Euro - soll in staatsnahen und von der Republik unterstützten Unternehmen als Obergrenze gelten.

In der Sondersitzung am Dienstag werden die Grünen einen Antrag zur Begrenzung der Managergehälter einbringen. Für Bezüge von Managern in staatsnahen Betrieben soll ebenso die "Kanzler-Grenze" gelten wie für Unternehmen, in denen es Kurzarbeit gibt, und Banken, die das Hilfspaket in Anspruch nehmen. "Überall dort, wo der Steuerzahler unterstützt", hält Glawischnig eine gesetzliche Begrenzung für angebracht.

Glawischnig sieht Krise als Modernisierungs-Chance
Die Regierung sollte überdies ein weiteres Konjunkturpaket auf Schiene bringen, meint Glawischnig. Vier bis fünf Mrd. Euro sollten für thermische Sanierung, Investitionen von Gemeinden und in den öffentlichen Nahverkehr sowie zur Entlastung niedriger Einkommen zur Verfügung gestellt werden. Auch dazu werden die Grünen am Dienstag einen Antrag einbringen.

Die beiden Konjunkturpakete der Regierung würden nicht greifen - und bestünden vor allem "in Projekten der Bundesimmobiliengesellschaft, die noch nicht baureif sind", kritisierte Glawischnig. Sie hat den Eindruck, dass viele "noch nicht begriffen haben, wie brutal" die Wirtschaftskrise wird. Diese Krise biete aber auch die "riesige Chance", Österreich zu modernisieren - indem in die Energiewende oder die Bildung investiert wird. Deshalb wollen die Grünen mit einem weiteren Paket zwei Mrd. in die Gemeinden und je eine Mrd. in thermische Sanierung, den öffentlichen Verkehr und zur Entlastung der untersten Einkommen investieren. Diese Vorschläge seien "nichts radikales, sondern das notwendige", betonte Glawischnig unter Hinweis darauf, dass das Wifo diese Forderungen schon lange erhebe.

Wie die vier bis fünf Mrd. Euro finanziert werden sollen, konnte Glawischnig nicht recht erklären. Man sollte auf "unnotwendige" Maßnahmen - wie Straßenbauprojekte, Verschrottungsprämie oder "fünf bis sechs Mrd. Investitionen in die weitere Gasabhängigkeit" - verzichten, meinte sie nur. Und verwies darauf, dass Österreich 2009 die Maastricht-Kriterien wohl nicht einhalten werde.

"Die Grünen sind und waren immer eine Frauenpartei"
Zur Abwahl des EU-Abg. Johannes Voggenhuber bekräftigte Glawischnig, dass sich alle Grünen Funktionäre "immer wieder Wahlen stellen" müssten und diese basisdemokratischen Entscheidungen zu akzeptieren seien. Für die Zukunft könne man diskutieren, ob man einen Kandidaten "offen voten" lässt". Aber man könne nicht "für eine Person jetzt die Spielregeln ändern". Außerdem regte sie an, über die Vorzugsstimmen-Regelung in der EU-Wahlordnung nachzudenken. Sieben Prozent der Parteistimmen für eine Vorreihung sei schon eine sehr niedrige Hürde.

Zum Thema "Geschlechterkampf" merkte Glawischnig an, dass fast alle Grünen Landesgruppen männliche Chefs haben. "Wehleidigkeit" sei nicht angebracht. Angesichts der immer noch vorhandenen Lohn- und sonstigen Diskriminierungen von Frauen von "Geschlechterkampf bei den Grünen" zu reden, halte sie für "sehr überzogen". Und sie unterstrich: "Die Grünen sind und waren immer eine Frauenpartei." Es gelte "fifty-fifty"; als einzige Partei würden die Grünen mit einer Frauenquote von 52 Prozent im Nationalrat "halbwegs" die Gesellschaft abbilden.

Van-der-Bellen-Nachfolge "keine leichte Aufgabe"
Angesprochen auf die schlechten Umfragenwerte der Grünen und ihre im Vergleich Alexander van der Bellen niedrigen Beliebtheitswerte verwies Glawischnig darauf, dass sie erst ein Monat im Amt sei - und das sei wohl "ein bisschen zu kurz, um sich ein Urteil zu bilden". Sie habe gewusst, dass es "keine leichte Aufgabe" ist, Van der Bellen nachzufolgen - und dass 2009 "ein schwieriges und hartes Jahr wird". Aber: "Ich stehe zu den Grünen in guten wie in schlechten Zeiten."

Andere Parteien kritisieren interne Diskussion
Die parteiinterne Diskussion der Grünen stand im Mittelpunkt der - kritischen - Reaktionen der anderen Parteien auf die "Pressestunde" mit der Grünen-Chefin. Auf ihre Forderung nach einem dritten Konjunkturpaket gingen sie nicht ein:

Die "Pressestunde" habe "wieder gezeigt, dass die Grünen vor allem mit sich selbst beschäftigt sind und sich aus diesem Grund bei aktuellen Problematiken nicht klar positionieren können", meinte SPÖ-Klubobmann Cap. Dies sei "überaus bedauerlich", da man angesichts der wirtschaftlich schwierigen Zeiten handlungsfähige Parteien brauche. "Die Grünen sind mit ihrer Parteikrise zu sehr beschäftigt, um beim Kampf gegen die Wirtschaftskrise zu helfen", meinte auch ÖVP-Generalsekretär Kaltenegger. Er geht davon aus, dass die internen Streitereien der Grünen weitergehen werden, denn auch Peter Pilz stehe "auf der Abschussliste".

FPÖ-Generalsekretär Kickl sieht die Grüne Parteichefin "schon am Start gescheitert" - und meinte, es könnte sich schon um die letzte "Pressestunde" Glawischnigs gehandelt haben. BZÖ-Generalsekretär Strutz: Seit Glawischnig Parteichefin ist, seien die Grünen ausschließlich mit sich selbst beschäftigt und "de facto gelähmt".

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