Klares Votum

Schweiz stimmt für EU-Personenfreizügigkeit

Ausland
09.02.2009 08:30
Die Schweizer haben am Sonntag für die Fortführung des freien Personenverkehrs mit der EU und deren Ausdehnung auf Rumänien und Bulgarien gestimmt. Die Entscheidung fiel mit 59,6 Prozent Ja-Stimmen klarer aus als erwartet. Gegen die Vorlage stimmten lediglich vier Kantone, nämlich Schwyz, Glarus, der Halbkanton Appenzell-Innerrhoden und Tessin.

Die Zustimmung war um fast vier Prozentpunkte höher als im September 2005, als die Personenfreizügigkeit auf die 2004 der EU beigetretenen zehn Länder ausgeweitet wurde.

Die Regelung der freien Wohnsitz- und Arbeitsaufnahme gilt nun mit einigen Auflagen in allen 27 EU-Staaten sowie umgekehrt auch für die Besitzer Schweizer Pässe.

Bundesrat: "Sachorientierte Entscheidung"
Mit Befriedigung hat die Schweizer Regierung (Bundesrat) am Sonntag das Volksabstimmungs-Ja zur Kenntnis genommen. Er sieht darin eine konsequente Weiterführung des bilateralen Weges und der Schweizer Migrationspolitik. "Das Schweizer Volk hat eine sachorientierte und zukunftsgerichtete Entscheidung getroffen", sagte Justizministerin Eveline Widmer-Schlumpf. Der Bundesrat nehme die Befürchtungen der Gegner ernst und werde den Volksentscheid "mit aller Sorgfalt umsetzen", sagte Widmer-Schlumpf.

SP und Grüne wollen EU-Frage neu thematisieren
Die Sozialdemokraten (SP) und die Grünen in der Schweiz wollen nach dem klaren Ja bei der Volksabstimmung die EU-Frage neu thematisieren. Die Bilateralen Verträge mit Brüssel seien lediglich ein Ersatz für den Vollbeitritt, teilten die Grünen am Sonntag mit. In Zukunft sei ein EU-Beitritt unausweichlich. Heute beschränke sich die Schweiz darauf, die EU-Gesetzgebung autonom zu übernehmen. Als Vollmitglied könnte sie dagegen bei der europäischen Gesetzgebung mitreden.

Auch die SP will den Beitritt zur EU neu lancieren, wie sie am Sonntag mitteilte. Das unmissverständliche Ja müsse als Auftrag verstanden werden, den Dialog mit der EU zu intensivieren. Das Ja zur Personenfreizügigkeit sei zudem ein Schuss vor den Bug der EU-kritischen, national-konservativen Schweizerischen Volkspartei (SVP). Die Partei müsse endlich einsehen, dass das Stimmvolk ihren außenpolitischen Isolationskurs nicht goutiere.

Dass die Zustimmung zur Personenfreizügigkeit dermaßen deutlich ausgefallen ist, freut auch die Schweizer Christdemokraten (CVP). Er sei "ein bisschen überrascht", dass das Ja zu deutlich ausgefallen sei, sagte Parteipräsident Christophe Darbellay auf Anfrage. Die CVP habe eher einen knappen Ausgang erwartet, sagte der Parteichef weiter.

SVP: "Undemokratisches Paket"
Toni Brunner, Präsident der Schweizerischen Volkspartei (SVP), "kann den Volksentscheid zur Personenfreizügigkeit nicht kommentieren", sagte er am Sonntag gegenüber der Nachrichtenagentur sda. Grund dafür sei das "undemokratische" Paket von Weiterführung und Ausdehnung der Personenfreizügigkeit. "Hat das Volk nun Ja zur Weiterführung oder Ja zur Ausdehnung der Personenfreizügigkeit gesagt oder hat sich das Volk den massiven Drohungen der Befürworter gebeugt?", fragte er rhetorisch.

Er sei überzeugt, dass aufgrund des Volksentscheides nun die Arbeitslosigkeit steigen werde. Die Verantwortung würden nun die Befürworter tragen, sagte der Chef der national-konservativen, EU-kritischen Partei. Zudem sei das Thema für die SVP nicht abgeschlossen, sondern "der Auftakt dazu, dass die SVP sich vermehrt den Themen Migration und unkontrollierte Zuwanderung annehme". Der jetzige Zustand sei für die Schweiz unhaltbar und mit den maroden Sozialwerken nicht vereinbar.

Angesprochen auf die prominenten Befürworter der Vorlage innerhalb der SVP sagte Brunner, er wünsche sich, dass sich die Minderheit nicht derart vor den Karren der SVP-Gegner spannen lasse. Umso mehr, als das Nein zur Vorlage auf der Delegiertenversammlung außerordentlich deutlich ausgefallen sei.

Personenfreizügigkeit "alleine im Interesse der EU"
In einer Mitteilung betont die Partei, dass sie "allein auf weiter Flur gegen eine riesige Phalanx von Befürwortern" gekämpft habe. Ein Großteil des Schweizer Volkes habe der Drohung Glaube geschenkt, dass ein Nein die Weiterführung der Bilateralen Verträge gefährdet hätte. Zudem habe der "enorme Druck der EU in den letzten Tagen" gezeigt, dass die Personenfreizügigkeit "alleine im Interesse der der EU ist".

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