Affront gegen Rom

Erneute Provokationen durch Piusbruderschaft

Ausland
07.02.2009 14:07
Seit Papst Benedikt XVI. die vier traditionalistischen Bischöfe inklusive Holocaust-Leugner Richard Williamson rehabilitiert hat, steht die ultrakonservative Piusbruderschaft im Rampenlicht. Doch während der Vatikan die Re-Integration der Hardliner vor der Politik und vielen Gläubigen kaum zu verteidigen vermag, halten diese sich keineswegs zurück, sondern sorgen für erneute Provokationen: Im deutschen Fernsehen hat der Distriktsobere der SSPX ("Society of St. Pius X") den muslimischen Propheten Mohammed vor laufender Kamera einen Kinderschänder genannt. Die laut Kirchenrecht illegalen Priesterweihen in der seit 1988 abtrünnigen Bruderschaft gehen indes offenbar weiter.

Mohammed habe "mit einem Mädchen geschlechtlichen Umgang gepflegt, mit acht oder neun Jahren", erklärte der Distriktsobere Franz Schmidberger in der Sendung "Zur Sache Baden-Württemberg" des öffentlich-rechtlichen Südwestrundfunks. "Das bezeichnet man nach der heutigen Terminologie tatsächlich als Kinderschänder. Aber ich möchte mich darauf nicht festlegen, ich habe das nicht speziell studiert."

In Österreich hat eine ähnliche Aussage erst vor zwei Wochen der FPÖ-Abgeordneten Susanne Winter eine 24.000-Euro-Geldstrafe samt einer bedingten Freiheitsstrafe von drei Monaten wegen Verhetzung und Herabwürdigung religiöser Lehren eingebracht. Auch der Papst hatte im letzten Jahr Ärger mit der Islamischen Glaubensgemeinschaft. In einer Rede in Regensburg zitierte Benedikt den byzantinischen Kaiser Manuel II. Palaiologos (1350-1425) mit den Worten, der Prophet Mohammed habe "nur Schlechtes und Inhumanes" gebracht, "wie dies, dass er vorgeschrieben hat, den Glauben, den er predigte, durch das Schwert zu verbreiten".

Schmidberger distanziert sich von Williamson
Von den Äußerungen des SSPX-Bischofs Richard Williamson, der den Holocaust öffentlich geleugnet hatte, distanzierte sich Schmidberger hingegen. Er wolle Williamson allerdings nach wie vor als Glaubensbruder betrachten. Schmidberger sagte: "Solange er die katholischen Dogmen anerkennt, ja natürlich." Des Weiteren sei die Rücknahme der Exkommunikation der vier SSPX-Bischöfe vor knapp zwei Wochen durch Papst Benedikt XVI. nur folgerichtig: "Es ist dringend notwendig, denn der Glaube ist sehr, sehr verwässert und wir leben in einer neuheidnischen Gesellschaft."

Die Kritik der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel an Papst Benedikt wies Schmidberger zurück. Merkel "versteht das nicht", betonte der Pater und fügte an: "Sie ist ja auch nicht katholisch und eigentlich ist das nicht ihre Angelegenheit, sich in die inneren Angelegenheiten der Kirche einzumischen."

"Ziel bösartiger Angriffe"
Nach der Ausstrahlung der Sendung am Donnerstagabend gab Schmidberger bekannt, die Piusbruderschaft wolle keine weiteren Stellungnahmen mehr zum Fall des Holocaust-Leugners Williamson abgeben. "Trotzdem wir uns in den letzten Tagen mit aller Deutlichkeit von den Aussagen von Bischof Williamson zum Holocaust distanziert haben, sind wir weiterhin Ziel bösartiger Angriffe vonseiten der Massenmedien", heißt es in einer auf der Internetseite der Bruderschaft veröffentlichten Erklärung.

"Unsere Worte werden verdreht und bewusst falsch ausgelegt. Deshalb sind wir bis auf Weiteres zu keiner Stellungnahme mehr bereit", heißt es weiter. Die Erklärung schließt mit dem Satz: "Wir dienen unserem Herrn Jesus Christus, der fleischgewordenen Wahrheit, nicht dem Vater der Lüge."

Italienische Pius-Bruderschaft schließt Holocaust-Leugner aus
Unterdessen hat die italienische Pius-Bruderschaft ein umstrittenes Mitglied wegen dessen zweifelnder Äußerungen zum Holocaust ausgeschlossen. Floriano Abrahamowicz habe seit einiger Zeit Positionen vertreten, die mit denen der Priesterbruderschaft St. Pius X. nicht übereinstimmten, erklärte deren italienische Sektion am Freitag. Abrahamowicz hatte in einem Interview gesagt, es sei sicher, "dass die Gaskammern zur Desinfektion" benutzt worden seien. Ob darin auch Menschen getötet worden seien, könne er nicht sagen, weil er sich mit der Frage noch nicht eingehend beschäftigt habe. Der Ausschluss von Abrahamowicz, der Leiter der Pius-Bruderschaft in Nordostitalien ist, sei notwendig geworden, um den Ruf der Gemeinschaft und ihren Dienst in der Kirche nicht zu gefährden, hieß es. Abrahamowicz ist der Sohn des ehemaligen reformierten Pfarrers der Evangelischen Kirche H.B. in Wien, Alexander Abrahamowicz.

Piusbrüder weihen weiter illegal Priester
Laut einem Bericht der deutschen Zeitung "Kölner Stadt-Anzeiger" bleibt die Piusbruderschaft auch nach der Versöhnungsgeste von Papst Benedikt in Sachen illegaler Priesterweihe auf Konfrontationskurs. Für Ende Juni sei bereits der nächste Termin angesetzt, obwohl solche Weihen den vier abtrünnigen Bischöfen der Bruderschaft verboten seien, berichtete die Zeitung am Freitag.

Am vergangenen Sonntag - und damit nach Aufhebung seiner Exkommunikation durch den Papst - hat der sozusagen "frisch" rehabilitierte Obere der Bruderschaft, der Schweizer Bischof Bernherd Fellay, angehenden Geistlichen sogenannte niedere Weihen gespendet. Fellay ist - wie die anderen drei Bischöfe der Pius-Bruderschaft, gegen die die Exkommunikation zurückgenommen wurde - aber weiterhin vom katholischen Priesteramt suspendiert und darf keine Sakramente spenden.

Der deutsche Kirchenrechtler Peter Krämer wertete die Weihen als Zeichen dafür, dass die abtrünnigen Bischöfe nicht gewillt seien, sich der Disziplin der katholischen Kirche zu unterwerfen. Insbesondere die geplante Priesterweihe sei ein Akt "bewussten Ungehorsams gegen die Autorität des Papstes".

Auch Österreichs Piusbrüder kontrovers
Der Obere der traditionalistischen Priesterbruderschaft St. Pius X. in Österreich, Pater Helmut Trutt, sieht in der Weitergabe "des Glaubens in seiner Unversehrtheit" das Hauptanliegen seiner vom verstorbenen französischen Konzilsgegner Erzbischof Marcel Lefebvre gegründeten Gemeinschaft. In einem Interview im Ö1-Mittagsjournal vertrat Trutt am Freitag die Auffassung, dass vom Zweiten Vatikanischen Konzil Lehren vertreten würden, die man als "Irrlehren" oder "falsche Lehren" bezeichnen müsse. Juden seien genauso wie Heiden zu missionieren, um ihnen die frohe Botschaft von der Erlösung durch Jesus Christus zu vermitteln. Und: Homosexualität sei eine Sünde.

Trutt will die Pius-Bruderschaft nicht als "radikal" eingestuft sehen. Man wolle keineswegs "das Evangelium mit dem Schwert verkünden". Die SSPX beruft sich auf den heiliggesprochenen Papst Pius X. (1903-1914), der den Kampf gegen den Modernismus zum Schwerpunkt seines Pontifikats gemacht hatte. Sie lehnen insbesondere das Konzilsdokument über die Religionsfreiheit als "Verrat am Glauben" und die Liturgiereform von Paul VI. strikt ab.

Stadler: "Williamson wolte Versöhnung torpedieren"
Der BZÖ-Abgeordnete Ewald Stadler, ein früherer Anhänger der Pius-Bruderschaft, äußerte in Ö1 die Vermutung, die Holocaust-Leugnung von Bischof Williamson sei ein gezielter Versuch gewesen, die Versöhnung mit Rom zu torpedieren. Die vatikanische Strategie gegenüber den Traditionalisten, um deren Wiedereingliederung in die katholische Kirche herbeizuführen, findet Stadler richtig.

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