Jammertal im Web

Frauen der Pleite-Banker beklagen Luxusentzug

Ausland
02.02.2009 16:13
Wie es sich anfühlt, wenn der Luxus im Leben proportional mit dem Aktienvermögen dahinschwindet, davon kann sich Otto Normalverbraucher seit ein paar Tagen im Internet aus nächster Nähe ein Bild machen: "Dating A Banker Anonymous" nennt sich das Onlinetagebuch zweier New Yorkerinnen, die darin zusammen mit anderen Pleitebanker-Frauen und auch -Freundinnen den Luxusentzug beklagen, der durch die Finanzkrise in ihr Leben platzte. Die Blogeinträge, die zweitweise wie erfundene Geschichten aus einer anderen Realität anmuten, sind ein willkommendes Fressen für Wall-Street-Kritiker und Feministinnen.

Die Bankiersgattinnen und -Liebhaberinnen beklagen in dem Blog die schlimmen Gehaltseinbußen ihrer "FBF's" ("Finance Guy Boyfriends") von bis zu 75 Prozent, aber auch die grassierende emotionale Instabilität ihrer ehemals so erfolgreichen Börsenhengste, und liefern der Blogosphäre Bilder aus "Sex and the City" vor dem Hintergrund von "We feed the World" - was von den Lesern großteils mit Kopfschütteln und Empörung quittiert wird.

Im aktuellsten Tagebucheintrag schildert eine anonyme Bankiersfrau, wie sie mit ihren Freundinnen einen Wochenendtrip nach Los Angeles auf der Suche nach reichen Männern ("Hollywood bleibt ja von der Krise verschont...") organisierte. "Also jetteten wir rüber - und mit 'jetten' meine ich, wir flogen mit einer kommerziellen Airline", beklagt die Dame gleich als Erstes den fehlenden Privatjet.

"Mein Mann hat die Stunden unseres Babysitters gekürzt!", "Mein Kreditkartenlimit ist nur mehr halb so hoch!", "Wir sitzen am Abend zu Hause vor dem Fernseher, statt in die Oper zu gehen!" lauten die Jammereien. Den Vogel schießt "Cathy" ab, die es nicht fassen kann, dass sie sich ihre Massage und das Gesichtspeeling jetzt in einem "Schuppen für jedermann" weit weg vom "göttlichen Spa" in Downtown Manhattan holen muss. Ryan Tate vom Branchenblog "Gawker" nannte die Bankiersfrauen "eine implodierende Kaste verwöhnter Raffzähne", deren Ehemänner und Liebhaber ihr Vermögen genauso rücksichtlos ausgeben, "wie sie es zuvor anderen abgenommen haben".

Bloggerinnen: "Wir sind Opfer der Krise"
Dass die Erzählungen nicht frei erfunden und offenbar auch keine Satire sind, berichtete am Wochenende die "New York Times", die die zwei Gründerinnen des Blogs - eine Beauty-Kolumnistin und eine Anwältin aus New York, beide gerade erst bzw. um die dreißig - ausfindig machte und nach ihren Motiven fragte: "Wir starteten den Blog, als uns immer mehr bewusst wurde, dass diese Krise unsere Ehen, unsere Leben zerstören wird." "Wir sind Opfer der Krise!", klagt eine der beiden "Wall-Street-Witwen", die in Sachen Beziehungsalltag über dieselbe Art Stress klagt, wie sie wohl auch der kleine Bankangestellte hat, der durch die Spekulationen der Börsianer um den Job fürchten muss - nur sind seine mit ziemlicher Sicherheit näher an der Existenzangst. 

Für Feministinnen und Wall-Street-Kritiker sind die Einträge indes ein gefundenes Fressen - in den Kommentaren jedenfalls scheint das Leid der "Pleite-Banker-Girls" niemand zu teilen. "Ach, Prinzessin muss auf den Luxus verzichten? Ich kann es nicht fassen, dass sich jemand darüber beschwert, dass er sein Gemüse jetzt selbst schneiden muss, weil die Haushaltshilfe nicht mehr jeden Tag kommt", heißt es im Posting eines aufgebrachten Lesers.

Obama kritisiert Milliarden-Banker-Boni
Selbst der neue US-Präsident Barack Obama zeigte letzte Woche den Wall-Street-Börsianern die kalte Schulter (siehe Infobox). Es sei "eine Schande", dass Pleite-Manager, die noch vor wenigen Wochen um Staatshilfe bettelten, jetzt Bonuszahlungen in Millionenhöhe kassieren würden, meinte der 47-Jährige am Donnerstag, und riet den Bankern, sich "schön langsam zu beherrschen".

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