Hartnäckiger Fan

Therapeutin flüchtet vor Stalker nach OÖ

Oberösterreich
05.11.2008 13:08
Ein 41-jähriger Notstandshilfebezieher - der studierte Physiker widmet sich seit Jahren beinahe ausschließlich seinen philosophischen Studien und findet mit 600 Euro monatlich das Auslangen - hatte sich am Mittwoch wegen beharrlicher Verfolgung im Wiener Straflandesgericht zu verantworten. Er hatte eine junge Psychotherapeutin in die Verzweiflung getrieben, so dass die Frau schließlich ihre Wohnung aufgab und nach Oberösterreich übersiedelte.

Genützt hat ihr das wenig. Der Mann machte ihre neue Telefonnummer ausfindig, erst als ihm vor wenigen Wochen ein Strafantrag nach dem sogenannten Stalking-Paragraphen zugestellt wurde, hörte er nach rund eineinhalb Jahren Belästigung auf.

"Sie will, dass Sie den Kontakt zu ihr abbrechen! Sind Sie dazu bereit?", wollte nun Richter Andreas Böhm wissen. "Philosophisch ist die Lösung net. A große Philosophin wird sie wohl nimmer werden. Sie is' halt a Mensch wie viele andere a", antwortete der Angeklagte.

In therapeutischer Einrichtung kennengelernt
Die Frau hatte den 41-Jährigen im März vergangenen Jahres in einer psychotherapeutischen Institution in Wien kennengelernt, als er eines Abends anrief und Rat suchte. Dem ersten Gespräch folgten weitere, schließlich auch ein Treffen.

Der Mann dürfte ihre professionelle Aufmerksamkeit mit persönlicher Zuneigung verwechselt haben. Als der Therapeutin das bewusst wurde, gab sie ihm zu verstehen, es wäre wohl besser, den Kontakt abzubrechen.

Verfolger ist sich keiner Schuld bewusst
"I hab überhaupt nix Böses g'sagt", will der 41-Jährige nach wie vor nicht einsehen, warum sie nicht mehr mit ihm sprechen will. Man wäre einander doch "in einer herrlichen Neumondnacht" begegnet. "Eine wunderbare Freundschaft! Traurig, dass sie so beendet wird", bedauerte er im Grauen Haus.

Über Wochen hinweg hatte der Mann oft Dutzende Male täglich bei der Therapeutin angerufen. Als sie ihren Handybetreiber wechselte, fand er im Internet ihre neue Nummer. Schließlich tauchte er sogar vor ihrer Wohnung auf und schlug ein Fenster ein, wobei er ihr mit dem Umbringen drohte, sollte sie nicht mit ihm kommunizieren. "Ich wollt' mir eigentlich noch den Heidegger anschauen", erwiderte er, als ihn der Richter zu diesem Vorfall befragte.

Übersiedlung aus Angst
"Ich hatte Angst. Angst, dass er seine Drohung wahr macht", erklärte die Frau, weshalb sie sich schließlich in einem anderen Bundesland zu einem beruflichen und privaten Neuanfang entschloss. Sie befürchte allerdings, dass der 41-Jährige aufgrund ihres Berufs früher oder später ihre neue Adresse in Erfahrung bringen könnte.

"Das Strafgericht kann das nicht verhindern. Ich kann ihm allenfalls eine Weisung geben, sich Ihnen nicht anzunähern. Ob er sich dran hält, ist eine andere Frage. Hundertprozentigen Schutz kann ich Ihnen leider nicht bieten", sagte der Richter.

Sachverständiger soll über Zurechnungsfähigkeit entscheiden
Die Verhandlung wurde zur Beiziehung einer psychiatrischen Sachverständigen vertagt. Diese soll klären, ob der Angeklagte überhaupt zurechnungsfähig ist. Sollte das der Fall sein, hat der bisher Unbescholtene im Fall eines Schuldspruchs realistischerweise mit ein paar Monaten bedingter Haft zu rechnen: Für beharrliche Verfolgung sind im Gesetz maximal zwölf Monate vorgesehen.

Symbolbild

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