Bomben-Terror

Dutzende Tote bei Anschlägen in Nordindien

Ausland
31.10.2008 14:50
Eine Welle von Terroranschlägen hat am Donnerstag im indischen Unionsstaat Assam Dutzenden Menschen das Leben gekostet. Bei insgesamt 13 Anschlägen wurden mindestens 71 Menschen getötet und über 300 verletzt. 15 bis 20 Verletzte schweben in Lebensgefahr. Laut Angaben der Behörden sind die Sprengsätze von 11.20 Uhr Ortszeit an binnen 20 Minuten detoniert, sechs davon in Guwahati, die restlichen im Westen Assams. Hintergrund sind vermutlich separatistische Bestrebungen in der abgelegenen Region im äußersten Norden des Landes. Zu den Anschlägen bekannte sich zunächst niemand.

Der schwerste Anschlag richtete sich gegen den Sitz der Provinzregierung in Assam. In unmittelbarer Nähe des Gebäudes in der Provinzhauptstadt Gauhati gingen nach Berichten von Augenzeugen insgesamt sechs Bomben hoch. Auf den Straßen lagen zerrissene Körper, die von Polizisten zugedeckt wurden. Passanten brachten Verletzte zu Privatautos und fuhren sie ins Krankenhaus. Mehrere Autos gingen in Flammen auf, zahlreiche Scheiben gingen zu Bruch. "Wir fielen auf den Boden, und das Gebäude bebte", sagte ein Augenzeuge, der gerade beim Einkaufen war. "Ich stand auf und sah Flammen und Rauch. Dann blickte ich nach unten und sah Blut auf meinem Hemd."

Unruhen nach Anschlägen in Gauhati
Bei sechs Anschlägen in Gauhati wurden mindestens 31 Menschen getötet, wie ein Sprecher des Innenministeriums von Assam mitteilte. Weitere Anschläge wurden aus der Stadt Barpeta und aus dem Bezirk Kokrajhar gemeldet. Die Polizei suchte fieberhaft nach weiteren Sprengsätzen. Nach den Anschlägen kam es in Gauhati zu Ausschreitungen aufgebrachter Bewohner. "Menschenmassen liefen Amok, warfen Steine auf Polizisten und versuchten, Streifenwagen und sogar Feuerwehrfahrzeuge in Brand zu stecken", sagte ein Augenzeuge. "Es herrscht völlige Gesetzlosigkeit." Die Polizei verhängte ein Ausgehverbot für die ganze Stadt.

Drahtzieher der Anschläge noch unbekannt
Indische Medien berichteten, die Polizei verdächtige die separatistische Vereinte Befreiungsfront Assams (ULFA), die die Anschläge möglicherweise gemeinsam mit einer islamistischen Extremisten-Gruppe aus dem benachbarten Bangladesch verübt habe. Die ULFA wies eine Beteiligung zurück.

Premierminister verurteilt die Attentate
Der indische Premierminister Manmohan Singh verurteilte die Anschläge und rief seine Landsleute dazu auf, Terrorismus vereint zu bekämpfen. Assams Ministerpräsident sagte: "Im ganzen Bundesstaat wurde Großalarm ausgerufen." Es habe sich um geplante Terroranschläge gehandelt. Auch Indiens Erzrivale Pakistan, der von der Führung in Neu-Delhi oft der Drahtzieherschaft von Anschlägen bezichtigt wird, verurteilte die Bombenserie in Assam und rief zu gemeinsamen internationalen Anstrengungen gegen den Extremismus auf.

Separatistische Gewalt
In Assam kämpft die Rebellengruppe Vereinigte Front zur Befreiung Assams (ULFA) seit 1979 um einen eigenen Staat für die Adivasi genannten Ureinwohner. Die Separatisten werfen der Zentralregierung in Neu-Delhi vor, die natürlichen Rohstoffe von Assam auszubeuten ohne die indigene Bevölkerung an den Einnahmen zu beteiligen. Assam liegt als isolierte Region zwischen Bangladesch, Bhutan, China und Burma; nur ein schmaler Korridor verbindet den Unionsstaat mit dem übrigen Indien. Dem bewaffneten Aufstand in Assam fielen in den vergangenen zehn Jahren mehr als 10.000 Menschen zum Opfer. Im Juli kam es zu Kämpfen zwischen Angehörigen des Bodo-Stammes und Zuwanderern. Dabei kamen mindestens 49 Menschen ums Leben.

In den vergangenen Wochen wurde Indien wiederholt von Anschlägen erschüttert. Zuletzt waren bei einem Bombenattentat in der nordostindischen Stadt Imphal vor rund einer Woche mindestens 17 Menschen getötet und 30 weitere verletzt worden. Mitte September waren bei einer Serie von Bombenanschlägen in Neu Delhi mindestens 20 Menschen ums Leben gekommen.

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