2,7 Mrd. Staatshilfe

Bund steigt bei Erste Bank ein

Österreich
30.10.2008 22:42
Erst am Mittwoch haben sich die Parteien - nach heftigen Konflikten um Kompetenzen und Auflagen bei der staatlichen Bankenhilfe - auf das Banken-Hilfspaket, das insgesamt 100 Milliarden Euro schwer ist, geeinigt. Einen Tag danach steht schon ein "Bedürftiger" vor der Tür: Als buchstäblich "erste" österreichische Bank nimmt die börsenotierte Großbank Erste Group die Staatshilfe für sich in Anspruch - über den Verkauf von 2,7 Milliarden Euro per sogenanntem Partizipationskapital an die Republik. Erste-Chef Andreas Treichl (Bild) sagte am Donnerstag, dass es sich um "keine Verstaatlichung" handeln werde. Am frühen Abend gab dann die BAWAG bekannt, dass man sich vorstellen könne, der Ersten zu folgen.

Mit insgesamt 15 Milliarden Euro kann sich der Staat im Rahmen des Bankenhilfspakets über eine neue "Banken-ÖIAG" an Banken oder auch Versicherungen beteiligen. Dass sich die Erste Group als erste Bank von diesem Kuchen einen Teil holt, überrascht. Zeitgleich wurde bekannt gegeben, dass der Erste-Vorstand von sich aus heuer auf Bonuszahlungen verzichtet. Das habe aber nichts mit dem jetzigen Schritt zu tun, betonte die Bank.

Manager verzichten auf Bonus - trotzdem Millionengage
Für Treichl selbst bedeutet der Verzicht laut eigenen Angaben, dass er heuer nur knapp 20 Prozent jener Summe verdienen wird, die ihm zugestanden wäre, hätte es keine Krise gegeben. Trotzdem wird Treichls Gage bei mehr als einer Million liegen, im Wesentlichen also das "normale Fixgehalt" umfassen. Obwohl: 2007 war Treichl Österreichs Topverdiener unter den Bankern gewesen. Er hatte einen Sonderbonus von 1,8 Millionen für 2006 kassiert, der 2007 zur Auszahlung kam. 4,420 Millionen Euro hatte Treichls Gage damit im Geschäftsjahr 2007 umfasst.

Wesentlicher Grund für den markanten Bezug waren damals "erfolgsabhängige Komponenten", die den Fixbezug von 1,239 Millionen Euro um insgesamt 2,82 Millionen Euro aufgefettet hatten. Wie Treichl haben auch seine Vorstandskollegen im Konzern in Österreich und Manager in den Osttöchtern im heurigen international schwierigen Jahr auf Sonder-Bonifikationen verzichtet. Um welche Summen es sich handelt, sagte der Konzernchef nicht. Seit Jahresbeginn hatte die Aktie der Erste Bank übrigens 62 Prozent verloren.

Erst nach 5 Jahren rückzahlbar - "keine Verstaatlichung"
Bei der "Eigenkapitalstärkung durch den Staat" zeichnet die Republik Österreich Partizipationskapital (auch: PS-Kapital) der Bank über 2,7 Milliarden Euro. Der Bund erhält damit einen fixe Kuponverzinsung von 8 Prozent. Über die Bühne sein soll diese Maßnahme bis zum Jahresende. Am Aktienkapital ist die Republik Österreich bei der Erste Group damit nicht beteiligt. Das PS-Kapital ist frühestens nach fünf Jahren zu 100 Prozent des Nominales rückzahlbar. Dieses Kapital wird auch nicht an der Börse notieren, ist nicht mit Stimmrechten ausgestattet und auch nicht auf andere übertragbar. Damit unterbleibt auch eine Verwässerung der bestehenden Aktionäre.

Theoretisch wäre eine Wandlung des Kapitals in Stammaktien möglich. Das wäre eine Verstaatlichung dieses Kapitalpakets - und das hat die Erste nicht vor, wie Bankchef Treichl am Donnerstag deutlich machte. Nach fünf Jahren kann die Bank als Emittentin trotzdem über Tilgung und in der Folge eigene Kapitalerhöhung oder Wandlung entscheiden. Rechnerisch wäre der Staat im Fall einer Wandlung in Aktien mit rund acht Prozent beteiligt, hieß es bei der Pressekonferenz in Wien. „Dazu wird es nicht kommen“, betonte Treichl. Die acht Prozent jährliche Fixverzinsung auf das von der Republik aufgenommene PS-Kapital bezeichnete Treichl als „teures Geld“. Es sei besser, sich in der Krise warm anzuziehen statt in eine Situation zu kommen, guten Kunden Kredite verwehren zu müssen.

Treichl hätte Geld zu deutschen Konditionen nicht geholt
Auf Reaktionen vom Markt befragt, sagte Treichl, er sei heute „noch nicht geprügelt worden“ für die Entscheidung, die Republik als Zeichner von PS-Kapital hereinzunehmen. Er lobte das österreichische Banken-Hilfspaket als extrem professionell und streute Ministerien, Notenbank und Aufsicht Rosen.

Die Erste Group hätte auf die Kapitalspritze verzichtet, wenn das Geld an die gleichen Konditionen gebunden gewesen wäre wie in Deutschland, sagte Treichl am Donnerstagabend in der "ZiB2". Dabei gehe es weniger um Gehaltsbeschränkungen für Manager als darum, dass der Aktienkurs "ins Bodenlose fallen" würde, wenn Investoren befürchten müssten, "dass Beamte das Sagen bekommen". In Deutschland ist der Einstieg des Staates mit Mitspracherechten und einem Prüfrecht des Rechnungshofes verknüpft, in Österreich nicht.

Millionen-Gehälter "versteht niemand"
Auf die Frage, ob irgendjemand noch verstehen könne, dass Treichl in den vergangenen Jahren 15 Millionen Euro verdient hat, sagte der: "Solche Gehälter versteht niemand". Er selber verstehe aber auch nicht, warum ein Eishockeyspieler 50 Millionen Euro verdienen könne. Aber es gebe einen Markt für solche Gehälter. Er gehe davon aus, dass auch hier die Beträge in nächster Zeit sinken werden.

Dank Verkäufen "grundsolide aufgestellt"
Treichl bezeichnete sein Haus als "grundsolide aufgestellt". Er betonte in einer Aussendung, dass mit der Transaktion über die forcierte Kreditvergabe hinaus keine Bedingungen verbunden seien. Von sich aus und "unabhängig davon" habe der Vorstand auf Bonuszahlungen für das laufende Geschäftsjahr 2008 verzichtet. Zahlreiche Manager der Bank schlossen sich dem Schritt an. Obwohl, so wurde erklärt, das laufende Jahr trotz der internationalen Finanzmarktkrise das beste in der Geschichte sein werde.

Bis September 2008 hat die Bank trotz Finanzmarktkrise mehr Gewinn ausgewiesen. "Für das vierte Quartal wird trotz des schlechten Kapitalmarktumfelds und der Wertberichtigung für das Island-Obligo ein positives Nettoergebnis erwartet", berichtet die Bank in der Aussendung. In den ersten neun Monaten war - dank eines Sondereffekts aus dem Versicherungsverkauf an die Wiener Städtische - der Konzernüberschuss um 74,6 Prozent höher bei 1,463 Milliarden Euro. Bereinigt um den Verkauf der Versicherungssparte waren es netto um 2,8 Prozent mehr auf 861,7 Millionen Euro.

Betriebsergebnis gestiegen - 8.000 Mitarbeiter in Österreich
Das Betriebsergebnis stieg vor allem dank der Osteuropabanken um 23,2 Prozent. Der Vorsteuergewinn war dann mit einem leichten Plus um 0,3 Prozent stabil. Die vom Markt mit Spannung erwarteten Wertberichtigungen auf das Lehman-Brothers-Obligo wurden mit 26 Millionen Euro beziffert. Ende September hatte die Bank eine Bilanzsumme von 209,4 Milliarden Euro, um 4,4 Prozent mehr als im Dezember 2007. Sie beschäftigt insgesamt 54.452 Mitarbeiter, die meisten davon in Osteuropa. In Österreich sind in der Erste Bank mehr als 8.500 Leute tätig.

BAWAG kann sich vorstellen, Erste zu folgen
Die BAWAG PSK hat am Donnerstag auf Anfrage ausdrücklich nicht ausgeschlossen, einen ähnlichen Weg wie die Erste Group zu gehen, Staatshilfe zur Eigenkapitalstärkung in Anspruch zu nehmen. Denn möglicherweise zwingt der Konkurrenzdruck in der internationalen Finanzmarktkrise zu noch höheren Kapitalquoten.

"Im Hinblick auf den nun angekündigten Kapitalzuschuss des Staates an die Erste Gruppe werden wir in den nächen Wochen überlegen, ob es sich aus wettbewerbspolitischen Gründen als notwendig erweisen würde, diese Kernkapitalquote zu ähnlichen Bedingungen noch weiter deutlich anzuheben", so die BAWAG. "Wir würden die Konditionen und Bedingungen, die seitens der öffentlichen Hand angeboten werden, mit den Kosten anderer Kapitalquellen vergleichen und danach unsere Entscheidung treffen."

Zugleich verwies die BAWAG auf ihre gegenwärtige "starke Eigenmittelausstattung". Die Kernkapitalquote sei per 30. Juni 2008 bei 8,6 Prozent gelegen, die Eigenmittelquote bei 11,7 Prozent. Das sei deutlich über dem vom Gesetz geforderten Niveau und auch über dem Schnitt der heimischen Finanzwirtschaft.

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