Vista-Nachfolger

Microsoft gewährt ersten Blick auf Windows 7

Digital
05.11.2008 13:55
Fast jeder benutzt es - doch nicht jeder liebt es: Microsofts Betriebssystem Windows steht zu einem Gutteil für den Siegeszug des PC in unserem Alltag und noch mehr für die Erfolgsgeschichte des Softwareriesen selbst. Doch das Image von Windows hinkt seiner Marktmacht von über 90 Prozent um einiges hinterher. Die neue Version Windows 7 soll deshalb das Betriebssystem, Herzstück eines jeden Computers, aufpolieren: Schneller soll es sein, leichter bedienbar, individueller und noch enger verbunden mit dem Internet, versprach Microsoft am Dienstag auf seiner Entwicklerkonferenz in Los Angeles, wo der Konzern dem Fachpublikum einen ersten Blick auf die für spätestens Anfang 2010 erwartete Neuauflage gewährte.

Rund 1.000 Microsoft-Experten arbeiten derzeit unter Hochdruck am Nachfolger des vielfach gescholtenen Windows Vista, das vor knapp zwei Jahren startete. Die Programmierer bügelten vor allem unzählige Macken aus. "Wir haben viel aus den Erfahrungen mit Vista gelernt", gestand der für Windows zuständige Microsoft-Vizepräsident Mike Nash ein.

Das aktuelle Betriebssystem blieb nicht nur beim Image, sondern auch im Verkauf hinter den Erwartungen zurück. Viele Privatleute wie Unternehmen wollten lieber gleich auf Windows 7 warten. Oder sie wechselten zur Konkurrenz: Erzrivale Apple steigerte sein kleines, aber feines Stück am Computer-Kuchen zuletzt beständig.

Allein schon der neue schlichte Name Windows 7 ohne weiteren PR-Zusatz ist nun Programm: Das Betriebssystem soll trotz mehr Leistung übersichtlicher und nutzerfreundlicher daher kommen. Der Computer kann immer mehr - für den Anwender soll die schöne neue Welt aber nicht komplizierter, sondern möglichst einfach werden. Das Ergebnis sei eine "solide Überarbeitung" von Vista, so Tech-Analyst Rob Enderle. "Vieles wird viel einfacher." Eine Revolution aber ist Windows 7 auf den ersten Blick nicht - so das Urteil einer Reihe von Experten.

Desktop nach individuellen Wünschen gestalten
Wer bisher mit Windows gearbeitet hat, wird sich auch in der neuen Welt schnell zu Hause fühlen. Microsoft setzt hier auf Kontinuität. Allerdings sollen Nutzer noch leichter als bisher ihren Bildschirm nach eigenen Vorlieben gestalten können: Mit Lieblingsfarben, Bildern und vielen kleinen Anwendungen vom Kalender bis zum Wetter. Das meiste geht auch heute schon, nur oft umständlicher und weniger individuell.

Die aus Vista bekannte Aero-Optik mit ihren transparenten Oberflächen bleibt auch in Windows 7 erhalten, allerdings können Anwender nun beispielsweise die Farbe und die Transparenz des Glas-Effekts selbst bestimmen. Verabschiedet hat man sich hingegen von der Vista-Sidebar, um auf den kleinen Displays der immer beliebteren Notebooks nicht kostbaren Bildschirmplatz zu vergeuden. Mini-Anwendungen, die sogenannten Gadgtes, wird es jedoch auch weiterhin geben. Sie lassen sich künftig nach Belieben auf dem Desktop platzieren.

Überarbeitet wurde auch das System Tray, welches Dienste und Programme unten rechts in der Taskleiste als kleine Icons anzeigt: Welche Programme dort landen, wird künftig vom Nutzer entschieden. Zu diesem Zweck werden Icons von Programmen, die Symbole im System Tray anzeigen wollen, zuerst in eine Ablage verschoben. Von dort wählt der Nutzer aus, welche Elemente schließlich angezeigt werden.

Mehr Überblick
Windows-Nutzer öffnen gern viele Fenster zugleich - und verlieren schnell die Übersicht. Künftig soll der Blick auf alle Fenster und das Verändern ihrer Größe leichter sein. Die schon lange mögliche Auswahl von Programmen über die Taskbar am unteren Bildschirm wird optisch stark verbessert. Geöffnete Applikationen werden über ein großes Icon in der Taskleiste hervorgehoben, kleine Vorschaufenster geben Auskunft darüber, welche Websites beispielsweise gerade im Internet Explorer geöffnet sind.

Häufig oder zuletzt benutzte Dateien und Anwendungen soll es künftig noch schneller auf einen Klick geben. So listet das überarbeitete Startmenü etwa automatisch die von einer ausgewählten Anwendung zuletzt geöffneten Dateien auf. Nervige Suchen ("Wo hatte ich denn das gespeichert?") sollen dank eigener Bibliotheken seltener werden. In den sogenannten Libraries lassen sich Inhalte aus verschiedenen Ordnern und Computern in einer Art virtuellem Verzeichnis anzeigen und mit neuen Suchfunktionen im Explorer verknüpfen.

Für Touchscreens optimiert
Der PC soll - wie immer mehr Handys - auch per Fingertipp auf einen berührungsempfindlichen Bildschirm zu steuern sein. Menü- und Dateilisten öffnen sich beim Darüberstreichen, Bilder und Texte lassen sich per Fingerspreizen vergrößern, Internetseiten ähnlich wie ein Buch durchblättern. Auch das überarbeitete Paint, das künftig mehr Funktionen bietet und mit der aus Office 2007 bekannten Ribbon-Leiste daher kommt, ist auf die Fingerbedienung ausgerichtet: Einen entsprechenden Bildschirm vorausgesetzt, können Nutzer mit den Fingern zeichnen. Das Problem: Hersteller bieten noch kaum Touchscreens für PCs und Laptops an. Experten streiten bisher, ob sie sich generell durchsetzen.

Verschiede Geräte und Formate unter einem Hut
Handy, Musikplayer, Digitalkamera - die zunehmende Zahl von Geräten soll mit Windows 7 einfacher gesteuert und verbunden werden können. Über die sogenannte "Device Stage" erkennen Nutzer auf einen Blick, welche Geräte am PC angeschlossen sind. In der Hardware-Übersicht wird dann nicht mehr wie bisher ein Symbol-Bild, sondern ein genaues Produktbild des angeschlossenen Gerätes präsentiert. Auch beim Wirrwarr der Dateiformate verspricht Microsoft Erleichterung - so sollen etwa die Songs aus Apples iTunes-Shop künftig auch über den Windows Mediaplayer laufen.

Alles bequem vernetzt
Da immer mehr Haushalte über Zweit- oder gar Dritt-Rechner verfügen, soll mit Windows 7 das Einrichten von Netzwerken noch einfacher von der Hand gehen. Die von Microsoft "Homegroup" getaufte Funktion soll erleichtern, dass alle in einem Netzwerk vorhandenen Geräte sich gegenseitig finden und auf die auf den unterschiedlichen Rechnern abgelegten Daten zugreifen können. Der Zugriff erfolgt durch simple Passwort-Eingabe.

Praktisch: Wird ein Rechner dem Heimnetzwerk hinzugefügt, werden automatisch die für das Netzwerk geltenden Einstellungen übernommen, etwa der Standard-Drucker oder das bevorzugte Drahtlos-Netz umgestellt. Wird der Rechner wieder aus dem Netzwerk entfernt, werden auch die Einstellungen zurückgesetzt.

Verbesserte Benutzerkontensteuerung
Verbessert wurde laut Microsoft auch die von vielen Vista-Nutzern ungeliebte Benutzerkontensteuerung (UAC). Ein Großteil der Aktionen soll so nun auch ohne gesonderte Administratorenrechte durchführbar sein, darüber hinaus können Nutzer die UAC selbst konfigurieren. Damit der Anwender nicht per Hinweis-Fenster von nervigen Ereignis-Meldungen gestört wird, hat Microsoft zudem das "Action Center" ins Leben gerufen, in dem alle Meldungen gebündelt erfasst werden.

Öffnung gen Internet
Windows und Web sollen sich noch viel näher kommen. So haben gerade junge Leute immer häufiger gleich mehrere E-Mailpostfächer, Kurznachrichtendienste (Instant Messenger) und Profilseiten bei Online-Netzwerken. Windows will zusammen mit weiteren Microsoft-Programmen den Zugriff künftig zeitsparend unter einem Dach bündeln.

"Eine einzige Pizza für eine Million Leute"
So manches "Neue" erinnert an Wettbewerber Apple: iPhone und Mac-Rechner lassen grüßen. Viele Veränderungen kamen durch Anregungen von Nutzern. Microsoft ist stolz darauf, mehr Feedback denn je berücksichtigt zu haben - bis zum Start sollen über ausgewählte Tester weitere Meinungen einfließen. Dass am Ende aber nicht jeder Windows-Nutzer wunschlos glücklich sein wird, weiß Windows-Entwicklungschef Steven Sinofsky schon jetzt: So ein Betriebssystem zu programmieren, sei ein bisschen wie "eine einzige Pizza für eine Million Leute" zu backen.

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