Causa Lanzinger

In Kvitfjell ist man sich keiner Schuld bewusst

Sport
28.10.2008 16:30
Der Veranstalter des Super-Gs im norwegischen Weltcup-Ort Kvitfjell, bei dem Anfang März das Salzburger Ski-Ass Matthias Lanzinger so schwer zu Sturz kam, dass ihm der linke Unterschenkel amputiert werden musste, ist sich nach wie vor keiner Schuld am Karriereende des 27-Jährigen bewusst. Mit der Begründung, es gebe "keinerlei Grundlagen für die Annahme eines Verstoßes gegen die medizinischen Richtlinien der FIS", wurden Lanzingers Forderungen nach Schadenersatz abgewiesen. FIS-Präsident Gian-Franco Kasper ist von den Forderungen nicht überrascht und meinte: "Ich habe es erwartet, vom ersten Tag an. Das ist normal nach so einem Unfall!"

Bei der Veranstaltung wäre "für einen adäquaten Rettungsdienst" und einen medizinischen Notfallplan gesorgt gewesen, heißt es in dem vierseitigen Brief an Lanzingers Anwalt Manfred Ainedter. Und weiter: "Außerdem möchten wir betonen, dass die medizinischen Richtlinien der FIS keinerlei Voraussetzungen für die Ausstattung eines Helikopters, der Teil der medizinischen Betreuung darstellt, vorgeben."

Der Umstand, dass Lanzinger mit einem Hubschrauber ins Spital in Lillehammer geflogen wurde, bei dem es sich offenbar um keinen Rettungs-Helikopter handelte, da vor dem Abtransport noch Sitzbänke ausgebaut werden mussten, hatte nicht nur im ÖSV für Kritik gesorgt. Der Veranstalter lässt diese nicht gelten. Es gebe "keinerlei Anhaltspunkte, dass die Ausstattung des Helikopters bzw. das Fehlen der Ausstattung zu einer Vergrößerung des Schadens geführt hat."

Die Abtransport des Verunfallten wurde nach Ansicht der Organisatoren vielmehr "zur Zufriedenheit durchgeführt". Dass das Krankenhaus in Lillehammer angeflogen wurde, das keine gefäßchirurgische Versorgung bieten konnte, war demnach "richtig, da dieses das nächstgelegene Level 1 Traumacenter ist".

Amputation nicht wegen Verzögerung beim Transport
Vor allem steht man in Kvjtfjell aber auf dem Standpunkt, dass keine Kausalitätskette vorliege. Die behaupteten, mittlerweile durch ein Gutachten des Münchner Gefäßchirurgen Bernd Steckmeier erhärteten Verzögerungen beim Transport Lanzingers und medizinische Verwechslungen in der Universitätsklinik in Oslo, wo vier Stunden und 16 Minuten nach dem Sturz mit der laut Steckmeier fehlerhaften Behandlung begonnen wurde, wären für die Amputation nicht ausschlaggebend gewesen.

Es wäre "auf Basis der Information der an der Operation beteiligten Ärzte unwahrscheinlich, dass die Amputation vermieden hätte werden können", und zwar "unabhängig vom Zeitfaktor", heißt es in dem von einem norwegischen Anwalt verfassten Schreiben.

Lanzingers Anwalt konzentriert sich auf die FIS
Lanzingers Rechtsbeistand Manfred Ainedter fasste nach dieser für ihn völlig unverständlichen Argumentation den Entschluss, den drohenden Rechtsstreit nicht an zwei Fronten zu führen, sondern seine Forderungen primär an die FIS zu richten, zumal er deren Organisationsmängel als bewiesen erachtet. Der Skiverband übergab die Forderung an Anwalt und Versicherung und will nun erst einmal die weitere Entwicklung abwarten.

Wie lange sich der Fall ziehen kann, ist offen. "Manche Fälle dauern zwei, drei Jahre, manche sind nach ein paar Monaten erledigt", sagte FIS-Präsident Kasper am Dienstag. Renndirektor Günter Hujara gab zu bedenken, dass man sich möglicherweise die Frage stellen müsse, "inwieweit man Wettkämpfe im alpinen Skisport, wo immer ein Sturz passieren kann, überhaupt noch durchführen kann".

Prozess so gut wie fix
Ainedter bekräftigte am Dienstag, es werde "mit Sicherheit" zu einem Prozess kommen, sollte die FIS auf Lanzingers Forderungen nicht eingehen und diese dem Grunde nach nicht anerkennen. An finanzieller Wiedergutmachung schweben Ainedter "jedenfalls ein paar 100.000 Euro" vor.

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(Bild: KMM)



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