Einfach fabelhaft

Fable II

Spiele
27.10.2008 06:55
Alles beginnt mit einem Vogelschiss. Doch der wahre Held in Peter Molyneuxs "Fable II" ist nicht der fliegende Verursacher desselbigen, sondern ein kleines Kind, das plötzlich unfreiwillig in einen Strudel unaufhaltsamer Ereignisse gerät. Vom Wunsch nach Rache und dem Bestreben, ein großer Held zu werden, getrieben, entwickelt sich in der lang erwarteten Fortsetzung des Xbox-Rollenspiels aus dem Jahre 2004 eine ungemein fesselnde Geschichte, die so schnell keinen mehr loslässt.

Das liegt vor allem daran, dass der Spieler selbst großen Einfluss auf die Geschichte nimmt. Basierend auf dem bereits aus dem Vorgänger bekannten Gut/Böse-System, wirkt sich jede Aktion auf die psychischen und physischen Eigenschaften des Charakters sowie dessen Umfeld aus. Entscheidet man sich als Kind etwa dagegen, dem Wachmann wie verlangt einen Gefallen zu tun, wird aus dem einst recht ansehnlichen Altstadtviertel bald ein dreckiges Slum. Zeigt man sich hingegen generös, befreit Sklaven und bekämpft Banditen, erblühen Landstriche und gedeiht das wirtschaftliche wie gesellschaftliche Leben.

Jede Aktion, ob gut oder böse, entscheidet zugleich darüber, wie angesehen der Held innerhalb der Bevölkerung ist. Je besser der Ruf, umso mehr Rabatt gibt es etwa bei örtlichen Händlern auf Waren, die wiederum Auswirkungen auf den Helden haben: Wer zu viel Kuchen, Fleisch oder Schokolade ist, wird schnell dick und wirkt wenig attraktiv, während gesundes Gemüse, ein Besuch beim Barbier oder ein neuer Mantel das äußere Erscheinungsbild zum Positiven beeinflussen.

Mit Schmuck, Blumen und Geschenken aller Art lässt sich schließlich vorzüglich um das Herz eines Partners buhlen, um letzten Endes in den heiligen Hafen der Ehe einzulaufen, ein Haus zu kaufen und Kinder zu bekommen. Wer auf Letzteres lieber verzichten will (und ganz nebenbei auch auf Geschlechtskrankheiten keinen Wert legt), sollte sicherheitshalber beim Gemischtwarenhändler nach Kondomen fragen. Wie im wahren Leben auch, bedeuten Ehe und Kind jedenfalls Verpflichtungen, gilt es doch gelegentlich dem liebestollen Partner einen Besuch abzustatten und monatlich Haushaltsgeld zu zahlen.

Holz hacken, Bier zapfen, Eisen schmieden
Am Hungertuch muss in "Fable II" jedoch niemand nagen. Neben der risikobehafteten Möglichkeit, mit dem Glücksspiel seinen Lebensunterhalt zu verdienen, offerieren Waffenschmiede, Wirtshäuser, Holzfäller oder auch Sklavenhändler in Stellenanzeigen ihre Teilzeitjobs. Einmal angeheuert, kann sich der Spieler in Form von Reaktionsschnelligkeit fordernden Minigames eine goldene Nase verdienen und sogar befördert werden, um künftig in kürzerer Zeit noch mehr Geld zu verdienen.

Mit dem Lohn lässt sich dann nicht nur das Haushaltsgeld anheben, um den beispielsweise durch Vernachlässigung des Partners bereits schief hängenden Haussegen wieder ein Stückchen geradezubiegen, es darf auch großzügig in andere Immobilen investiert werden: Wer Stände, Läden oder Häuser kauft und vermietet bzw. pachtet, kann den eigenen Wohlstand und das Ansehen zusätzlich steigern. Letzteres nur dann, wenn kein Mietwucher betrieben und die Mieter nicht ausgebeutet werden.

Flucht vom Alltagsleben
Und wo bleiben nun die Action, das blutige Gemetzel und die abenteuerlichen Herausforderungen? Keine Sorge: Job und Familie, so komplex und spielfüllend sie auch sind, machen nur einen Teil des "Fable II"-Universums aus. Wer möchte, kann sich auch voll und ganz auf die eigentlichen Haupt- und Nebenquests des Spiels konzentrieren und in bester RPG-Manier durch die Wälder streifen.

Zwei- und vierbeinige Unterstützung
Allerdings nicht alleine, denn die Entwickler haben dem Helden einen treuen vierbeinigen Begleiter zur Seite gestellt, mit dem der Spieler wie mit anderen Menschen auch über sogenannte Ausdrucksmittel kommunizieren und interagieren kann. Mit Hilfe entsprechender Lektüre lässt sich der Hund sogar trainieren, Kunststückchen aufzuführen, nach vergrabenen Schätzen zu schnüffeln oder zu Boden geworfene Gegner anzufallen.

Sollte dies nicht Unterstützung genug sein, kann sich jederzeit sowohl on- als auch offline ein zweiter Spieler als "Handlanger" ins Spiel einklinken und dem Helden im Kampf beistehen. Darüber hinaus sind die Handlungsmöglichkeiten des Handlangers jedoch stark begrenzt und auch die Übersichtlichkeit geht beim Spielen zu zweit auf einer Konsole – Stichwort Kamera – leicht verloren. Davon abgesehen bietet das Spiel mit einem Handlanger jedoch einen entscheidenden Vorteil: Die von ihm erkämpften Erfahrungspunkte sowie sein Gold wandern beim Ausstieg aus dem Spiel auf das Konto des Helden.

Natürlich weiß sich der Held aber auch recht gut selbst zu verteidigen. Während per X-Button eine Nahkampfwaffe - vom schnellen und leichten Katana bis zum trägen, aber wirkungsvollen Hammer - gezückt wird, kann per Y-Button die Fernkampfwaffe abgefeuert werden. Zur Wahl stehen hier Pistolen, Gewehre und Armbrüste. Auf dem B-Button schlummern zu guter Letzt mächtige Zaubersprüche, insgesamt acht an der Zahl, die in bis zu fünf Stufen ausgebaut werden können: Je länger die Zaubertaste gedrückt wird, umso mächtiger der Zauber, der entweder gezielt auf einen speziellen oder als um Rundumzauber auf viele Gegner gewirkt werden kann.

Geschickt und treffsicher
Mit der im Kampf gewonnenen Erfahrung können schließlich neue Techniken wie etwa Blocken, Konterangriffe und Präzisionszielen sowie Zauber – beispielsweise Blitzschock, Inferno, Tote erwecken oder Zeitkontrolle - erlernt werden, um für die nächsten Abenteuer gewappnet zu sein. Bis auf einige Bosskämpfe gegen imposante Trolle ist der Schwierigkeitsgrad jedoch stets recht moderat. Sollte der Held trotz Tränken, Bio-Tofu oder Apfelkuchen dennoch einmal das Zeitliche segnen, bedeutet dies lediglich einen Verlust der bis zum Todeszeitpunkt im aktuellen Kampf erspielten Erfahrungspunkte.

Wenn alle Stricke reißen, kann man sein Glück ja immer noch an anderer Stelle versuchen. Fernab der befestigten Wege stößt der Spieler immer wieder auf Höhlen, verlassene Minen oder Banditenlager, die bereits aus "Fable" bekannten Dämonentüren, die für ein gelöstes Rätsel mit einer Belohnung aufwarten, und kleinere Quests. Diese sind im Vergleich zu anderen Rollenspielen zwar vergleichsweise spärlich gesät, bieten aber dennoch ausreichend Gelegenheit sich über Stunden in der zwar in einzelne Abschnitte unterteilten, aber ansonsten frei begehbaren Landschaft auszutoben.

Leider wurde jedoch auf eine Minimap direkt im Spiel verzichtet, weshalb die Orientierung zuweilen schwer fällt. Eine über das Menü aufrufbare Karte ist so klein, dass sie nur nur wenig Aufschluss über das aktuelle Gebiet bietet. Immerhin können Orte, sofern sie einmal entdeckt worden sind, über das Menü schnell angereist werden. Störend sind diesbezüglich nur die langen Ladezeiten, die beim Wechsel von einem in den nächsten Kartenabschnitt zu überdauern sind.

Wie im Märchen
Angesichts der Optik von "Fable II" nimmt man diese Warterei aber gerne in Kauf. Schon lange nicht mehr präsentierte sich ein Spiel so prächtig, ja fast schon kitschig. Hollywood-Regisseur Tim Burton hätte an diesem märchenhaften Farbenspiel, der lebhaften Szenerie und den dank dynamischem Wechsel von Tag und Nacht beeindruckenden Lichteffekten sicher seine Freude – wenngleich sich doch vereinzelt Schwächen wie ein zögerlicher Bildaufbau, plötzlich auftauchende Texturen oder Tearing offenbaren.

Ganze Arbeit haben die Macher hingegen beim Sound und der orchestralen Musik geleistet, der – wenn möglich – unbedingt mit einer Surround-Anlage genossen werden sollte. Hervorragend auch die deutsche Synchronisation der Charaktere, die vorherrschende Stimmungen perfekt unterstreicht.

Fazit: Noch viel ließe sich über „Fable II“ erzählen, am besten aber ist, man begibt sich selbst auf die fantastische Reise durch die Ländereien Albions. Auch wenn das Spiel in technischer und optischer Hinsicht sicher nicht ganz fehlerfrei ist, so ist Entwickler-Legende Peter Molyneux doch ein einzigartiges Spiel gelungen, dessen wirkliche Schwäche wohl nur die im Vergleich zu anderen Rollenspielen zu kurze Spielzeit ist – vorausgesetzt, man beschränkt sich nur auf das Hauptquest. Wenn der Abspann viel zu frühzeitig über den Bildschirm flackert, können Spieler jedoch ganz beruhigt weiter atmen: Das Abenteuer ist damit nicht zu Ende. Weitere Jobs, Immobilien und vielleicht gar eine Familie locken mit neuen Herausforderungen.

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