Das Werk des amerikanischen Schriftstellers und Journalisten Dennis Cooper kreist monoman um extreme Gewalt und Sex. In "Jerk" dokumentiert der umstrittene Autor die Verbrechen des Serienkillers "Candyman" Dean Corll, der zwischen 1970 und 1973 in Texas mindestens 27 Teenager bestialisch zu Tode folterte.
In der Massenkultur hat die Darstellung von blankem Sadismus ein eigenes Genre ausgeformt. Reißerische Serienkiller-Romane überbieten sich gegenseitig mit dem Grad präsentierter Grausamkeit, und im Film spekulieren Hollywood-Produktionen wie "Saw" und "Hostel" mit der Folter als Schauwert.
Radikal neues Konzept
Die von Regisseurin Gisle Vienne konzipierte Umsetzung von Coopers "Jerk" schlägt einen radikal entgegengesetzten Weg ein. Corlls Untaten werden hier von seinem Komplizen David Brooks erzählt, mit Handpuppen, welche die Grausamkeit der Handlung abstrahieren. Vienne setzt weitere Brüche, lässt einige Passagen des Textes zum Stilllesen ans Publikum verteilen. Endgültig angeworfen wird das Kopfkino, wenn Brooks am Ende in Bauchredner-Manier beim Erzählen nicht einmal mehr den Mund bewegt.
Jonathan Capdevielle stellt diesen Wort-Thriller, dieses unheimliche Puppen-Märchen virtuos dar. Ein verunsicherter, tief verletzter Mann im extrem dünnen Nervenkostüm, der die Innensicht des Grauens präsentiert, wobei sich die Aufarbeitung des Kriminalfalls nicht an Konventionen des Thrillers oder Sozialdramas orientiert. "Jerk" dockt eher an die extremen literarischen Entgrenzungs- und Orgienszenarien eines Georges Bataille an. Das freilich macht den Abend nicht weniger verstörend.
von Martin Gasser, "Steirerkrone"
Bild (c) Alain Monot/"steirischer herbst"
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