Sein letzter Weg

Kärnten verabschiedet sich vom “Herzkönig”

Kärnten
20.10.2008 10:21
Rund 30.000 Menschen haben am Samstag in Klagenfurt an der Trauerfeier für den verstorbenen Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider teilgenommen. Der steirische Diözesanbischof Egon Kapellari würdigte den Verstorbenen beim Requiem im Dom, er sei "ein brennender Mensch" gewesen. Bundeskanzler Alfred Gusenbauer zollte bei der Feier am Neuen Platz "Respekt und Anerkennung". Witwe Claudia Haider ergriff zum Abschluss der Messe das Wort und dankte der Familie und der Geistlichkeit.

Die Spitze der Bundesregierung und zahlreiche prominente Persönlichkeiten aus dem In- und Ausland und aus Kärnten waren zur Verabschiedung Haiders nach Klagenfurt gekommen (siehe unten).

Bilder von der stimmungsvollen Trauerfeier am Neuen Platz und der Totenmesse für Jörg Haider im Dom findest du in der Infobox!

Die Sonnenuhr am Nordturm des Landhauses zeigte sommerzeitfreie 10 Stunden und drei Minuten, als der Sarg mit den sterblichen Überresten Jörg Haiders über jene Treppen getragen wurde, die er seit 20 Jahren stets im Laufschritt bewältigt hatte. Kärntens Landeshauptmann verließ die Stätte seines langjährigen politischen Wirkens.

Ein singendes "Pfiat Gott"
Dann erfüllte der Tenor des St. Veiter Kammersängers Helmut Wildhaber den Landhaushof. "Pfiat Gott", verstärkt durch bekannte Sängerfreunde des Landeshauptmannes, lautete seine Verabschiedung.

Das Klagenfurter Landhaus: Hier hat Haider Koalitionen geschmiedet und Vereinbarungen paktiert; hier hatte Jörg Haider seine größten Triumphe und schmerzhaftesten Niederlagen; hier wurde er drei Mal zum Landeshauptmann gewählt und ein Mal abgewählt. Samstag war es Ort seines endgültigen Abschiedes von weltlicher Macht und irdischer Politik.

Der Trauerkondukt zog weiter zum Neuen Platz, wo die öffentliche Trauerfeier stattfand.

Gusenbauer: Respekt und Anerkennung
Kanzler Gusenbauer strich die Vielschichtigkeit der Persönlichkeit Haiders hervor und appellierte, jetzt zu versöhnen, was im Leben nicht versöhnlich gewesen sei. Über alle politischen Grenzen hinweg müsse man Haider Respekt und Anerkennung zollen. Haider habe ein "sehr feines Gespür für das, was sich ändern muss", gehabt, sagte Gusenbauer. Diese Sensibilität habe ihn von anderen herausgehoben, auch wenn seine Antworten nicht immer von allen anerkannt worden seien.

Landeshauptleute verabschieden sich
Der Vorarlberger Landeshauptmann Herbert Sausgruber meinte, Jörg Haider sei für Veränderung und Tradition, für Bewegung und Polarisierung, aber auch für Lösungen gestanden. Gleichzeitig verwies der Vorsitzende der Landeshauptleutekonferenz darauf, dass Haider zuletzt die "Kraft zum gemeinsamen Handeln" in den Vordergrund gestellt habe. Die Landeshauptleute seien gekommen, um Kärnten die Verbundenheit und die Wertschätzung für den verstorbenen Kollegen auszudrücken.

Scheuch: "Wir passen auf Dein Kärnten auf"
Haiders designierter Nachfolger als Kärntner Landeshauptmann Gerhard Dörfler erklärte, Jörg Haider habe hinterlassen, dass alle Menschen gleich seien, es kein Oben und kein Unten gebe. Er habe das Land offener, jugendlicher, moderner und damit "sommerlicher" gemacht. Und er habe das Land sozialer gemacht. Haider sei davon beseelt gewesen, dass es allen Menschen bessergehe. Landesrat Uwe Scheuch, er soll Kärntner BZÖ-Chef werden, versprach: "Wir passen auf Dein Kärnten auf."

Scheucher: "Herzkönig und Trumpfass sind nicht mehr!"
Der Klagenfurter Bürgermeister Harald Scheucher nannte Haider einen "ganz Großen", der als Politiker und als Freund neue Maßstäbe gesetzt habe. "Der Herzkönig und das Trumpfass sind nicht mehr im Spiel", so der Klagenfurter Bürgermeister. "Du bleibst unvergessen", verabschiedete sich der ÖVP-Politiker von seinem persönlichen Freund.

Bischof Kapellari im Dom: "Er war ein Brennender"
Bei der anschließenden Totenmesse im Dom waren nur geladene Gäste - rund 600, unter ihnen Saif Gaddafi - zugelassen. Diözesanbischof Egon Kapellari, der auf Wunsch der Familie die Würdigung vornahm, meinte über den Verstorbenen: "Er war ein Brennender, ein über sein Lebensalter hinaus mit jugendlicher Dynamik ausgestatteter Mensch." Kapellari würdigte Haiders Handschlagqualität, die er als Bischof in vielen Jahren erleben habe können. "Nun hat das unruhige, dynamische Herz des Jörg Haider zu schlagen aufgehört."

In dieser Stunde beteten alle mit der gläubigen Familie des Verstorbenen, auch Saif al Gaddafi rollte Trost suchend die Kugeln seiner Gebetskette durch seine Finger. Besonders völkerverbindend wirkte das größte Gebet der Christen, das Vater Unser: Es wurde in beiden Landessprachen gesprochen.

Claudia Haider: "Es gibt viel Trost"
Die Witwe meinte, sie könne allen versichern: "Es gibt viel Trost auf dem langen steinigen Weg der Trauer." Sie bedankte sich bei der Geistlichkeit, die der Familie "in vielen Gesprächen, Begegnungen und Gesten Trost zu spenden versuchte, und es gelang auch." Sie nannte auch ihre Schwiegersöhne Benedikt und Paolo, und "ganz besonders meine kleine Nichte Viktoria, sie erschien mir in dieser Stunde wie ein Geschenk Gottes". Man müsse nie verzweifeln, wenn etwas verloren gehe, sei es "ein großes Glück, eine helle Freude, ein geliebter Mensch".

Tausende Trauernde vor dem Dom
Nach der Messe wurde der Sarg Haiders in den bereitstehenden Konduktwagen verladen, vor dem Dom warteten Tausende darauf, noch einmal Abschied nehmen zu können. Das Auto fuhr anschließend nach Villach, wo Haiders Leichnam eingeäschert werden sollte. Die Beisetzung der Urne in der Kapelle Alt St. Michael im Bärental soll im engsten Familienkreis stattfinden, der Termin ist nicht bekannt.

Mehr als 500 Polizisten sorgten während der Trauerfeierlichkeiten in Klagenfurt für die Sicherheit, Zwischenfälle gab es laut Polizei nicht.

Zahlreiche Prominenz
Unter den Trauergästen waren unter anderem Bundespräsident Heinz Fischer, Bundeskanzler Alfred Gusenbauer, Vizekanzler Wilhelm Molterer, die Minister Martin Bartenstein, Werner Faymann und Josef Pröll, der frühere Bundeskanzler Wolfgang Schüssel, Haiders ehemalige Weggefährten Karl-Heinz Grasser und Karin Gastinger, sowie Susanne Riess-Passer, Norbert Steger und Heinz Christian Strache. Aus Italien kamen der Präsident der Region Friaul-Julisch Venetien, Renzo Tondo, und der Präsident der Region Veneto, Gianfranco Galan.

Von Fritz Kimeswenger und Christina Kogler/Kärntner Krone und www.kaerntnerkrone.at

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