Gucci Gucci

Lancia Musa: Entspannung und eine kalte Dusche

Motor
13.01.2009 16:20
Ein Kleinwagen, der so gar nichts Kleinwagiges an sich hat – das ist der Lancia Musa. Auf 4,04 Metern Länge (13 cm mehr als ein VW Polo) hat er richtig viel Platz, wirkt beinahe so edel wie eine Gucci-Handtasche und hat jetzt mit dem 120-PS-Diesel auch richtig Kraft unter der Haube. Kein Kleinwagen wie die anderen…
(Bild: kmm)

Wer Musa heißt, darf natürlich auch inspirierend sein, und so ist der Testwagen ein 1.6 JTD Multijet 16V Platino mit zusätzlichen Extras wie Zweizonen-Klimaautomatik, ESP (!), 205er-Aluräder. Die Inspiration muss einem halt über 30.000 Euro wert sein. So schaut es also aus, wenn man bei einem kleinen Auto aus dem Vollen schöpft. Mit Leder-/Alcantara-Sitzen, abgesetzten Nähten – oh lala -  und überhaupt von den Materialien her kommt der Musa ganz schön edel daher. Das reimt sich, und was sich reimt ist gut. Wenn auch nicht in allen Details perfekt (aber das haben wir bei italienischen Autos noch nie erwartet).

Kalte Dusche integriert
Schon beim Einsteigen kommt extrem angenehmes Raumgefühl auf, hier könnte ich sogar einen Hut tragen so hoch ist dieser kleine Salon. Und Hüte sind ja dank Justin Timberlake inzwischen auch für junge Leute wieder tragbar. Dabei ist sogar die Sitzposition recht hoch und das Einsteigen entsprechend komfortabel. Die Sessel sind straff und bequem (allerdings ohne jeglichen Seitenhalt), die Tür weit weg, es ist viel Platz zum Sitzen, sogar auf der Rückbank. Die ist nämlich verschiebbar, was natürlich den 395 Liter großen Kofferraum verkleinert. Umgeklappt passen bis zu 1.488 Liter rein, die Ladekante ist erfreulich niedrig. Die kleine Hutablage ist zwecks einfacherem Beladen hochklappbar, man vergisst jedoch gerne, sie wieder flachzulegen, dann sieht man hinten nix raus. Problem bei der Heckklappe: Wenn es geregnet hat und man sie öffnet, sorgt sie für eine kalte Dusche, weil Wasser aus der Stoßstange rinnt.

Vor Fahrer und Beifahrer befinden sich riesige Ablagefächer und auch sonst kommen alle Kleinigkeiten unter. Nur die beiden Getränkehalter sind so unsinnig wie im Fiat 500, es fällt alles raus.

Edel, aber "interessant" im Detail
Die Armaturen sind in der Mitte platziert, was nicht prinzipiell stört, aber im Besonderen deshalb etwas unpraktisch ist, weil der Tacho ziemlich klein ist und am oberen Rand von der Abdeckung verdeckt wird. Und damit sind wir schon bei den unidealen Details: Der Blinkerhebel sitzt auf 10 statt 9 Uhr (kennt man von Mercedes); auf 9 Uhr findet sich stattdessen der Tempomathebel, der aber wirkt, als wäre er für den Blinker zuständig. Der Lautstärkeknopf des Radios ist flach und dadurch schwer zu greifen. Der Heckwischer hat keine Intervallschaltung, der vordere Regensensor funktioniert nach dem Zufallsprinzip. Die Knöpfe im Multifunktionslenkrad sind stylisch, aber schwer blind zu tasten. Die Außenspiegel verjüngen sich nach außen und sind deshalb zu klein. Die Türöffner, glänzend verchromt, sehen zwar gut aus (ein bisschen wie Schminkspiegel), aber es spiegeln sich nachts die Überkopf-Straßenlaternen und blenden Fahrer und Beifahrer. Und – Himmel – warum muss das Radio ausgehen, wenn man den Motor abschaltet und den Schlüssel noch stecken lässt? Dafür gibt der Gurtwarner seine penetranten Geräusche den berühmten Moment zu lang von sich, wenn man längst angeschnallt ist.

Ein echtes Fahr-Auto
Echte Qualitäten hat der Musa im Fahrbetrieb (abgesehen vom Anfahren). Der 120-PS-Musa mit 300 Nm maximalem Drehmoment macht Spaß. Ja, das kann man so sagen. Ist der Wagen erst mal in Bewegung, zieht der Turbodiesel kräftig durch und treibt den Musa souverän an. 9,9 von Null auf 100 km/h, 190 km/h Höchsttempo, damit lässt es sich leben. Auch mit einem CO2-Ausstoß von 129 g/km und einem Normverbrauch von 4,9 l/100km. Im Testbetrieb waren es immer unter 7. Lästig ist nur die eklatante Anfahrschwäche, das Fünfganggetriebe bzw. die Übersetzung des ersten Gangs harmoniert nicht mit der Motorcharakteristik. Im neuen Lancia Delta mit Sechsganggetriebe ist das ganz anders. In beiden Autos spielt ab 1800/min. die Musik, nur ist der erste Gang im Musa dafür zu lang. Und beim Kaltstart nagelt er wie ein alter Lieferwagen.

Das Fahrwerk ist für so ein kleines, so hohes Auto schon beinahe begeisternd. Komfortabel (nicht mal am Knoten Vösendorf hoppelt der Musa!), dabei aber vertrauenspendend sicher. Mit der relativ starken Seitenneigung kann man gut leben. Sogar die Beifahrerin, die angesichts der hohen Sitzposition in dem doch recht schmalen Auto Angst vor Kippeligkeit gehabt hat, hat sich nach den ersten Kilometern flotter Landstraßenfahrt komplett entspannt.

Entspannen geht gut im Musa. Entspannt einsteigen, entspannt alles unterbringen, entspannt, aber schnell fahren. Und an der Tankstelle wachsen auch keine grauen Haare.

Stephan Schätzl

Warum?

  • Weil er so klein, so groß und so edel ist.
  • Weil er sich so komfortabel zügig fährt.

Warum nicht?

  • Weil man in schnellen Kurven fast vom Sitz fällt.

Oder vielleicht …

  • … doch einen Audi A4 2.0 TDI? Hat auch 120 PS und kostet das Gleiche.
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(Bild: kmm)



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