Insel-Finanzdrama

Island verstaatlicht auch größte Bank Kaupthing

Ausland
09.10.2008 12:19
Island hat mit Hilfe des vor drei Tagen verabschiedeten Notstandsgesetzes auch die größte Bank des Landes, Kaupthing, unter die Kontrolle der Regierung gestellt. Die Finanzverwaltung des Inselstaats begründete die Maßnahme am Donnerstag mit der Notwendigkeit, das Bankensystem des Landes zu sichern. Bereits Anfang der Woche waren die landesweit drittgrößte Bank Glitnir und die zweitgrößte Bank Landsbanki verstaatlicht worden.

Der nun entmachtete Vorstand von Kaupthing hatte bis zuletzt beteuert, die Bank sei nicht in Schwierigkeiten. Doch am Mittwoch musste die schwedische Reichsbank der Kaupthing Bank einen Kredit von bis zu fünf Milliarden Kronen (517 Millionen Euro) gewähren, um die Ansprüche schwedischer Kunden und Gläubiger befriedigen zu können. In Schweden waren die Aktien von Kaupthing am Mittwoch um 34 Prozent gefallen, ehe sie vom Handel ausgesetzt wurden.

Bedenken in Finnland
Auch in Finnland geht man auf Nummer sicher: Die Finanzaufsicht Rata hat am Donnerstag die Operationen der Kaupthing-Bank in Finnland unterbunden und das Finanzinstitut unter Aufsicht gestellt. Die in Finnland befindlichen Guthaben sind somit bis auf weiteres eingefroren. Das Abheben von finnischen Kaupthing-Konten ist auch via Internet und Bankomat nicht möglich.

Eine finnische Sprecherin von Kaupthing bezeichnete die Kontensperre laut der Nachrichtenagentur STT als vorläufig. Die finnische Finanzaufsicht gab nachträglich an, bereits am Montag den Abfluss von Kapital aus finnischen Kaupthing-Konten ins Ausland unterbunden zu haben.

"Kampfkonditionen" bei Kaupthing
Kaupthing ist international mit "Kampfkonditionen" tätig, in Österreich etwa mit Einlagezinsen in Höhe von 4,85 Prozent im Jahr. Für die Einlagensicherung der ausländischen Kunden sind die jeweiligen Staaten verantwortlich.

Spätestens seit Anfang der Woche hat die weltweite Finanzmarktkrise die Wirtschaft des Inselstaates in den Ausnahmezustand versetzt. Regierungschef Geir Haarde hat in einer dramatischen TV-Rede vor einer "sehr reellen Gefahr" eines Staatsbankrotts gewarnt. Daraufhin verabschiedete das Parlament in Reykjavik ein Notstandsgesetz, das der Regierung bei der Steuerung des gesamten isländischen Finanzmarktes inklusive der Banken praktisch freie Hand gewährt.

Isländische Banken horten das Neunfache des BIP
Der Inselstaat zahlt derzeit den Preis für den Wirtschaftsboom der vergangenen Jahre, als der Finanzsektor des 310.000 Einwohner zählenden Landes ein rasantes Wachstum verzeichnete und eine Reihe von durch einige wenige Familien und Einzelpersonen kontrollierte Unternehmen in ganz Europa auf Einkaufstour gingen. Bis heute gibt es Spekulationen darüber, woher das Geld für den Aufschwung ursprünglich stammte. Die Vermögenswerte der isländischen Banken werden derzeit auf das Neunfache des Bruttoinlandsprodukts (rund 14 Mrd. Euro) geschätzt.

Ein etwaiger Zusammenbruch des isländischen Finanzsystems dürfte angesichts des starken Engagements der Banken und Unternehmen im Ausland auch für andere Teile Europas Folgen haben. So hält beispielsweise eines der größten Unternehmen des Landes, die Investmentgruppe Baugur, Anteile an Handelsketten und Finanzinstituten, vor allem in Großbritannien und in Skandinavien.

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