Weichen gestellt

Kommt jetzt die neue Große Koalition?

Politik
01.10.2008 11:46
Die Anzeichen für eine Neuauflage der Großen Koalition mehren sich: Neo-ÖVP-Chef Josef Pröll galt als Wunschkandidat jener ÖVP-Granden, die einer Regierungszusammenarbeit mit der SPÖ mehr abgewinnen können als mit FPÖ und BZÖ. Besonders erfreut über den schwarzen Führungswechsel ist die SPÖ. Deren Parteichef Werner Faymann betonte am Dienstag das gute Klima zwischen ihm und Pröll. Auch verschiedene Landespolitiker der SPÖ haben sich bereits zu Wort gemeldet - sie sehen Pröll als Signal der ÖVP in Richtung Große Koalition. Hinzu kommt, dass FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache am Dienstag bekannt gegeben hat, er sehe für seine Partei derzeit keine Regierungsoption. Auch BZÖ-Obmann Jörg Haider wertete Pröll als Signal für Rot-Schwarz.

Zurzeit gebe es keine möglichen Partner, weil SPÖ und ÖVP Verhandlungen mit der FPÖ ausschließen würden, sagte Strache bei einer Pressekonferenz am Dienstag. Den Beschluss der ÖVP beim Vorstand am Montag, sich "alle Optionen" offen zu halten, also auch Schwarz-Blau-Orange, bezeichnete Strache als Unterstellung.

Stimm ab: Kommt die neue Große Koalition?

Faymann sagte nach der Demissionierung der Bundesregierung bei Bundespräsident Fischer: "Eine Zusammenarbeit von SPÖ und ÖVP ist mein erstes Ziel. Weitere Ziele habe ich keine." Es werde keine Zusammenarbeit mit FPÖ und BZÖ geben, betonte Faymann einmal mehr. Auch einer zusätzlichen Hereinnahme der Grünen - deren Chef Alexander Van der Bellen hatte am Dienstag dafür plädiert (siehe Infobox!) - in eine Große Koalition erteilte der SPÖ-Chef eine Absage. Er habe schon vor der Wahl gesagt, dass er nicht wüsste, warum eine Dreier-Koalition leichter sei als eine mit zwei Partnern. Über den Führungswechsel an der ÖVP-Spitze zeigte sich Faymann erfreut: Er habe in der Vergangenheit die Chance gehabt, mit Josef Pröll zusammenzuarbeiten, und sehe keinen Grund, dass das schlechter werden sollte.

Muss auch SPÖ-Gegner Schüssel gehen?
Als hartnäckiger Gegner einer Großen Koalition gilt ÖVP-Klubchef und Ex-Kanzler Wolfgang Schüssel. Vor der Vorstandssitzung, bei der Pröll zu Molterers Nachfolger gekürt wurde, war wiederholt zu hören, dass Schüssel für eine Koalition mit FPÖ und BZÖ Stimmung mache. Er sei mit dem Argument, dass eine Entscheidung für Pröll eine Entscheidung für eine Große Koalition wäre, gegen den niederösterreichischen Minister ins Feld gezogen. Als Alternativkandidaten soll Schüssel die Minister Fekter und Hahn ins Spiel gebracht haben - bekanntlich erfolglos.

Ob auch Schüssel nun seinen Hut nehmen muss, darüber schweigen sich die ÖVP-Granden noch aus. ÖVP-Klubsprecher Thomas Schmid meldete sich per Aussendung zu Wort. Er wies auf das "Vorschlagsrecht" Prölls für die Wahl des künftigen Klubobmanns. Er erinnerte daran, dass auch Schüssel das Amt des Klubchefs "auf Vorschlag und Wunsch" des damaligen Parteiobmanns Wilhelm Molterer, und in "darauffolgender, geheimer Wahl durch die Abgeordneten" übernommen habe.

Haider geht von Großer Koalition aus
Als "deutliches Signal" für die Bildung einer rot-schwarzen Koalition hat am Dienstag BZÖ-Chef Jörg Haider die Kür von Josef Pröll als Nachfolger von ÖVP-Obmann Wilhelm Molterer bezeichnet. Eine SP-VP-Koalition werde vom BZÖ jedoch abgelehnt, so der Parteichef. Alle anderen Varianten seien denkbar, Haider wollte auch die Unterstützung einer roten oder schwarzen Minderheitsregierung nicht ausschließen.

Niessl für "Koalition Neu" mit der ÖVP

Als einer der Ersten hat sich Burgenlands Landeshauptmann Hans Niessl von der SPÖ dezidiert für eine Neuauflage der Großen Koalition ausgesprochen. Er werde auch im SPÖ-Bundesparteipräsidium sagen, dass man mit der ÖVP in Gespräche eintreten solle. Er sei dafür, dass die stärkste Partei mit der zweitstärksten verhandle, "unter der Voraussetzung, dass es eine andere Form der Koalition gibt: Eine Koalition der Blockierer, der Trickser, die ist vorbei, die wurde abgewählt", sagte Niessl bei einer Pressekonferenz in Eisenstadt.

SP-Haider: "Die Chemie stimmt"
Der oberösterreichische SPÖ-Landesparteivorsitzende und Landeshauptmann-Stellvertreter Erich Haider hat sich am Dienstag ebenfalls optimistisch gezeigt, dass es nach der Bestellung von Josef Pröll zum geschäftsführenden ÖVP-Chef wieder eine Große Koalition geben könnte. "Die Chemie zwischen Faymann und Pröll stimmt." Die Ressortverteilung sei zwar noch nicht aktuell und zudem "Chefsache", es habe sich aber bewährt, "wenn der Finanzminister beim Bundeskanzler ist".

Pröll selbst ist zurückhaltend
Neo-ÖVP-Chef Pröll zeigte sich gegenüber der SPÖ vorerst zurückhalten. Er werde keine Gespräche mit anderen Parteien beginnen, ließ er wissen, der Ball liege nun bei Faymann. In Richtung Sozialdemokraten schoss Pröll schon einmal prophylaktisch scharf. Äußerungen vom Wahlabend seitens der SPÖ seien nicht unbedingt vertrauensbildend gewesen.

Bartenstein verweigert sich Rot-Schwarz
Wirtschaftsminister Martin Bartenstein hat sich bereits dezidiert gegen eine Neuauflage der Großen Koalition ausgesprochen - in diesem Fall stehe er nicht mehr als Minister zur Verfügung, so Bartenstein. Die Kür von Josef Pröll zum ÖVP-Chef wollte er nicht für ein Präjudiz zugunsten einer Großen Koalition verstanden wissen.

ÖVP-Neisser plädiert für Gang in die Opposition
Als einer der wenigen ÖVP-Politiker hat sich der Tiroler Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) für einen Gang in die Opposition ausgesprochen. "Wir haben die Wahl klar verloren", betonte Platter. "Die Annahme, dass es erneut eine Große Koalition geben werde, ist mehr als verfrüht", meinte Platter.

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