Belastungsprobe

“Rockband” im Härtetest

Spiele
26.09.2008 07:44
"SingStar" und "Guitar Hero" waren nur der Anfang. Mit "Rockband" folgt die logische Konsequenz aus Karaoke- und Musikspiel: Ausgestattet mit Mikrofon, Gitarre bzw. Bass und Schlagzeug können in der Anfang Oktober nun endlich auch hierzulande erscheinenden "Rock-Simulation" von Electronic Arts bis zu vier Spieler beim gemeinsamen Musizieren die Sau rauslassen. Wie sehr, das wollte krone.at in einem Vorab-Test genauer wissen und bat daher die Rocker der Band Delicious Red zum ultimativen Härtetest.

Seit über zehn Jahren stehen Dominik, Daniel, Georg und Stephan schon auf der Bühne. Tourten die vier Musiker aus Wien und Umgebung anfangs noch in unterschiedlichen Bands durch das In- und Ausland, um vor internationalen Größen wie Prong, Pitchshifter oder Spineshank das Publikum anzuheizen, so rocken sie seit 2007 als Delicious Red gemeinsam auf der Bühne. Seit Februar dieses Jahres steht mit "Last Chance Blvd." das Erstlingswerk der Kombo in den Regalen. Die Grundzutaten (laut Eigendefinition): "Melodische Parts und brettharte Screm-Passagen, guter alter Hardcore und moderner, sehr emotionaler Rock". Genau die richtige Mischung also, um "selbst dem Typen in der letzten Reihe ein schmutziges Grinsen im Gesicht zu verpassen" und "Rockband" für krone.at genauer unter die Lupe zu nehmen.

Da aber bekanntermaßen noch kein Rockstar vom Himmel gefallen ist, müssen auch Delicious Red erst einmal durch die virtuelle "School of Rock": Im Proberaum des Spiels machen sich die vier mit den Basics der Konsolen-Rockerei vertraut. Das Spielprinzip gleicht jenem von "SingStar" und "Guitar Hero": Während Gitarrist, Bassist und Schlagzeuger bunte, vertikal durchs Bild scrollende Noten mit den farblich entsprechenden Buttons auf ihren Plastik-Instrumenten rechtzeitig erwischen müssen, sollte der Sänger ähnlich Sonys beliebtem Karaoke-Spiel die richtige Tonlage treffen und das Mikro gegebenenfalls bei Rhythmus-Passagen auch als perkussives Instrument einzusetzen wissen. Je mehr Noten richtig gespielt werden, umso größer die Ekstase bei den Fans und umso höher schließlich auch die Gage, mit der im "Rock-Shop" neue Outfits und andere Extras erworben werden können.

Verspielt sich die Band hingegen, zeigt sich das Publikum gnadenlos und buht erst einen, dann weitere Musiker von der Bühne, bis der Gig schließlich abgebrochen werden muss. Nur ausgesprochene Virtuosen können in "Rockband" mit viel Fingergeschick, sprich: korrektem Spielen Bandkollegen retten und wieder zurück auf die Bühne bringen. Dass das allerdings nicht leicht ist, müssen auch Dominik, Daniel, Georg und Stephan erfahren, nachdem sie hinter ihren per USB-Hub mit der Konsole verbundenen Miniatur-Instrumenten Platz genommen und eine scheinbare Ewigkeit darauf verwendet haben, ihren virtuellen Entsprechungen das passende Outfit und den richtigen Look zu verpassen. Die ersten Gehversuche zu Weezers "Say It Ain't So" verlaufen eher schleppend. Drummer Dani findet das Ganze zwar bereits nach kürzester Zeit "urlustig", nur wenig später fliegt allerdings Bassist Georg von der Bühne. Am Ende reicht es gerade mal für 15 Dollar Gage. "Das ist ja wie bei uns", stellen die vier scherzend fest. Bei Nirvanas "In Bloom" schafft es Stephan immerhin schon zu einem "soliden" Gitarren-Solo. Als er am Ende des Songs die Plastik-Gitarre stilecht auf dem Wohnzimmerboden zertrümmern möchte, löst sich allerdings das USB-Kabel aus der Xbox. Die Tücken der Konsolen-Musiziererei eben.

Nachdem sich die Burschen langsam aufgewärmt haben, wird es Zeit, den Schwierigkeitsgrad nach oben zu schrauben. Die Notenanzahl erhöht sich auf "Mittel" beachtlich und ringt vor allem den Saitenzupfern das eine ums andere Mal ein stöhnendes "Puh" ab. Zeugler Dani freut sich hingegen: "Das ist leiwand, jetzt wird's immer mehr wie Schlagzeugspielen", sagt er, und drischt mit seinen hölzernen Drumsticks noch fester in die Plastik-"Felle", was den Lärmpegel zusätzlich nach oben treibt. Doch Hochmut kommt bekanntermaßen vor dem Fall: Mit dem Beastie-Boys-Klassiker "Sabotage" auf "Schwer" überschätzen sich die vier. Der Song endet im Debakel: Nach und nach muss einer die Bühne verlassen. Bassist Georg rettet Gitarrist Stephan zwar zweimal vor dem Aus, muss dann aber auch abdanken. Einzig Sänger Dominik hält wacker die Stellung, kann im Alleingang das Publikum aber nicht mehr ausreichend begeistern. 230 vorher mühsam erspielte Fans sind plötzlich weg. "Jetzt müssen wir wieder in die Provinz", stellt Stephan konsterniert fest.

Unterkriegen lassen wollen sich die vier aber nicht. In einer anderen Stadt wollen sie es im Welttournee-Modus noch einmal versuchen. Der Gig will allerdings ordentlich vorbereitet sein, weshalb es ans Erstellen der Setlist geht. Keine leichte Sache bei insgesamt 58 Songs aus den Bereichen Classic Rock, Punk, Prog, Pop Rock, Metal und mehr. Vertreten sind unter anderem Songs von Queens of the Stone Age, Soundgarden, Kiss, Black Sabbath, Radiohead, Metallica, Faith No More, Nine Inch Nails, Foo Fighters oder den Chili Peppers. Ein für Delicious Red rundum zufriedenstellendes und abwechslungsreiches Angebot. Lediglich bei "Monsoon", der englischen Version von Tokio Hotels Charthit "Durch den Monsun", lehnen Dominik und Co. lachend ab: "Wir sind ja ka Kommerzband!"

Bleibt eigentlich nur noch eine Frage zu beantworten: Wie authentisch ist das Spielgefühl für echte Musiker? Die Meinungen gehen dabei auseinander. Drummer Dani vermisst zwar seine Crash-Becken, eine Hi-Hat und vor allem ein zweites Pedal für die Bassdrum, hält "Rockband" aber durchaus für eine realistische Simulation. Anders hingegen Basser Georg und Gitarrist Stephan: "Das Knopferldrücken ist nicht authentisch, aber darum geht's ja eigentlich auch nicht. Die Videospiel-Fritzen, die anders an die Sache rangehen, werden's aber auf jeden Fall leichter haben." Und was sagt der Frontmann? "Das Mikro ist wie ein echtes Mikro", gibt Dominik nüchtern von sich. Allerdings würde der Sänger die Songs gerne freier interpretieren können, ohne sich an strikte Vorgaben halten zu müssen. Waschechte Rocker halten eben nichts von Einschränkungen.

Das Fazit der Band: In Zukunft wollen Delicious Red auch weiterhin ihren echten Instrumenten die Treue halten. Der Nachbar wird es ihnen danken, denn im Gegensatz zum Wohnzimmer ist der Proberaum schallisoliert. Für einen Gig würden sich die vier das "Rockband"-Set zum Spaß aber gerne einmal ausleihen, zumal im Spiel Groupies ja zur Gänze fehlen. Schwer beeindruckt haben die Burschen jedenfalls die harten Posen der optisch gekonnt in Szene gesetzten virtuellen Rocker – wie auch das Foto zeigt. Bassist Georg hofft, dass man die eine oder andere Geste künftig auch in der eigenen Bühnenshow unterbringen kann. Und wie schaut es mit dem Preis von aktuell mindestens 140 Euro für das Spiel aus? Dominik gibt zwar zu, dass wohl die wenigsten Teenager so viel Geld zur Verfügung haben, er hätte jedoch locker mit dem Doppelten gerechnet.

Immerhin: Günstiger als ein echtes Schlagzeug oder eine Gitarre ist das aus Drumkit, Gitarre und Mikro bestehende Bundle allemal. Wer zudem bereits eine "Guitar Hero"-Klampfe für seine Konsole sein Eigen nennt, kann diese auch für "Rockband" verwenden. Dann braucht es nur noch ausreichend Platz, Freunde und halbwegs lärmresistente Eltern und Nachbarn.

Plattform: Xbox 360 (getestet), PS3, PS2, Wii
Publisher: Electronic Arts
Delicious-Red-Wertung auf einer Skala von 0 bis 10:
"8 bis 9, je nachdem, ob nüchtern oder betrunken gespielt wird."

von Sebastian Räuchle

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