"Marriott"-Anschlag

53 Tote und 260 Verletzte bei Attentat in Pakistan

Ausland
23.09.2008 19:33
Zwei Tage nach dem verheerenden Selbstmordanschlag auf das "Marriott"-Hotel in der pakistanischen Hauptstadt Islamabad haben Rettungskräfte die Suche nach weiteren Todesopfern beendet. Wie der Sender Geo TV am Montag unter Berufung auf die Behörden berichtete, wurden in den 298 Gästezimmern sowie in den öffentlichen Bereichen des ausgebrannten Hotels keine weiteren Leichen gefunden. Unterdessen hat sich eine wenig bekannte Islamistengruppe mit dem Namen Fedayeen Islam (Partisanen des Islam) zu dem Anschlag bekannt. Die Gruppe rief den Arabiya-Korrespondenten in Islamabad an und machte ihre Forderungen publik: Dazu gehört laut dem TV-Bericht, dass Pakistan seine Zusammenarbeit mit den USA stoppen soll.

Pakistan galt als enger Verbündeter der USA im Kampf gegen den Terror. Seit die US-Truppen aber von Afghanistan aus auch die pakistanischen Stammesgebiete angreifen, die den radikalislamischen Taliban und der Al-Kaida als Rückzugsgebiet dienen, hat sich das Verhältnis jedoch deutlich abgekühlt.

53 Tote bei Anschlag
Nach Angaben der pakistanischen Regierung sind bei dem verheerenden Anschlag am Samstagabend 53 Menschen ums Leben gekommen, darunter der tschechische Botschafter und weitere Ausländer. Die Leiche des getöteten Botschafters wurde am Montag mit einer Sondermaschine nach Tschechien ausgeflogen.

Von den mehr als 260 Verletzten werden noch etwa 100 in Krankenhäusern behandelt. Sechs bei dem Anschlag leicht verletzten Deutschen seien auf dem Weg in ihre Heimat, ein schwerer verletzter deutscher Staatsangehöriger ist noch in Islamabad. Laut Angaben der österreichischen Botschaft in Pakistan gibt es derzeit keine Informationen über zu Schaden gekommene Österreicher.

Verwirrung um angebliches Regierungsessen im "Marriott"
Das Management des "Marriott" hat am Montag eine Aussage von Innenminister Rehman Malik entkräftet, wonach die pakistanische Staatsspitze dem Anschlag auf das Hotel am Samstag nur durch eine kurzfristige Änderung entgangen sei. Keiner der Speisesaale sei für eine so hochrangige Gesellschaft reserviert gewesen, teilte die Hotelleitung mit. Auch Teilnehmer des Abendessens erklärten, alle Einladungen, die eine Woche zuvor verschickt worden waren, seien für die Residenz des Premiers gewesen.

Malik zufolge soll die Staats- und Regierungsspitze Pakistans das eigentliche Ziel des verheerenden Autobombenanschlags mit mindestens 53 Toten und 260 Verletzten gewesen sein. Er sagte am Montag, ein am Samstag in dem Luxushotel geplantes Abendessen von Präsident Asif Ali Zardari, Premierminister Yousaf Raza Gilani und weiteren Spitzenpolitiker sei "in letzter Minute" in die wenige hundert Meter entfernte Residenz des Premiers verlegt worden. Das habe "der Führung das Leben gerettet".

Hotel durch Explosion schwer beschädigt
Das im Stadtzentrum gelegene, stark gesicherte Hotel, das während des Krieges gegen die Taliban im benachbarten Afghanistan faktisch als Sitz der internationalen Medien diente, wurde bei dem Anschlag schwer beschädigt und stand anschließend in Flammen. Die gewaltige Detonation riss einen rund zehn Meter tiefen Krater in die Straße vor dem Marriott, Rezeption und Teile der Fassade wurden zerstört.

Wenige Stunden vor dem Anschlag hatte Pakistans neuer Präsident Asif Ali Zardari in seiner ersten Rede vor beiden Kammern des Parlaments angekündigt, den Kampf gegen Extremisten fortzusetzen. Diese dürften Pakistan nicht länger als Hinterland für ihre Anschläge in anderen Staaten nutzen. "Wir müssen den Terrorismus und den Extremismus hinausjagen", sagte der Witwer der früheren Ministerpräsidentin Benazir Bhutto. Staatspräsident Zardari und Ministerpräsident Yousaf Raza Gilani verurteilten den Anschlag. "Das ist Terror und wir müssen ihn gemeinsam als Nation bekämpfen", sagte Innenminister Rehman Malik beim Besuch eines Krankenhauses.

USA verurteilen den Bomben-Attentat
Das Marriott-Hotel liegt in einer Hochsicherheitszone im Stadtzentrum, nur etwa 500 Meter von den Residenzen des Präsidenten und des Regierungschefs entfernt. Die Explosion sorgte für Panik im Haus von Premier Gilani, der anlässlich des muslimischen Fastenmonats Ramadan Gäste zum Fastenbrechen eingeladen hatte, berichtete ein Reporter des Fernsehsenders DawnNews.

Die USA verurteilten den Anschlag entschieden. "Das erinnert uns an die Bedrohung, mit der wir es zu tun haben", sagte der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates Gordon Johndroe, der Pakistan auch weiterhin die Unterstützung der USA "bei dieser Herausforderung" zusagte. Die EU äußerte ihre "Bestürzung", der britische Außenminister David Miliband versicherte, der Anschlag werde Großbritanniens Entschlossenheit im Kampf gegen den Extremismus in Pakistan bestärken.

Schon mehrfach Ziel von Anschlägen
Das Marriott-Hotel war in der Vergangenheit bereits mehrfach Ziel von Anschlägen. So hatte im Jänner 2007 ein Wachmann einen Selbstmordattentäter vor dem Hotel gestoppt. Dieser zündete seinen Sprengsatz und tötete den Wächter. Sieben weitere Menschen wurden verletzt.

Ebenso wie sein Vorgänger Pervez Musharraf gilt der neue Präsident Zardari als enger Verbündeter der USA. Extremisten mit Verbindungen zum Terrornetzwerk Al-Kaida, die ihre Rückzugsgebiete nahe der Grenze zu Afghanistan haben, haben mit zahlreichen Anschlägen auf Offensiven der pakistanischen Sicherheitskräfte reagiert. Die Zusammenarbeit mit den Vereinigten Staaten stößt aber auch in der pakistanischen Bevölkerung zunehmend auf Widerstand. Dazu haben auch mehrere Vorfälle der vergangenen Wochen beigetragen, bei denen in Afghanistan stationierte US-Truppen meist mit Raketen und in einem Fall mit Bodentruppen Ziele im pakistanischen Grenzgebiet angriffen.

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