Krawalle in Köln

Rechtspopulisten-Kundgebung in Köln untersagt

Ausland
21.09.2008 14:31
Die deutsche Polizei hat am Samstag eine Kundgebung rechtsgerichteter Islam-Gegner in der Innenstadt von Köln verboten. Die Polizei reagierte damit auf immer neue Ausschreitungen zwischen rechten Islam-Gegnern und linken Gegendemonstranten, bei denen auch sechs Polizisten verletzt wurden (Videobericht oben). "Die Sicherheit unserer Kölner geht vor", sagte schließlich ein Polizeisprecher. "Wir können nicht zusehen, wie ein paar hundert Besucher dieser Veranstaltung sehenden Auges in eine Schlägerei rennen."

Zu der Veranstaltung, das von deutschen Medien als Rechtsradikalen-Treffen bezeichnet wird, war auch eine Delegation der FPÖ mit Generalsekretär Harald Vilimsky und dem EU-Abgeordneten Andreas Mölzer angereist. Parteichef Heinz Christian Strache unterstützte in einer Grußbotschaft die Veranstaltung und warnte einmal mehr vor "einer drohenden Islamisierung Europas".

Bürgermeister erfreut über linke Demonstranten
Der Kölner Oberbürgermeister Fritz Schramma (CDU) hingegen zeigte sich erfreut, dass die Kölner "mit Herzblut, Witz und Intelligenz" gegen "rassistischen Schwachsinn" protestiert und den sogenannten Anti-Islamisierungskongress der Rechten dadurch zu einer "Pleite erster Klasse" hätten werden lassen. Der nordrhein-westfälische Integrationsminister Armin Laschet (CDU) sagte dem Berliner "Tagesspiegel am Sonntag": "Wann hat es das schon einmal gegeben, dass sich eine ganze Stadt schützend vor ihre Muslime stellt?"

Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) verurteilte die Ausschreitungen, dankte aber gleichzeitig den Bürgern und sprach von einem "Erfolg engagierter Zivilcourage". Der parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, Volker Beck, sprach von einem "Sieg der Zivilgesellschaft über die Rechtsextremisten".

Wallraff und Giordano begrüßen Verbot
Der jüdische Schriftsteller Ralph Giordano (85) sagte, das Rechtsradikalen-Treffen hätte von Anfang an verboten werden müssen. Ihm sei aber auch die Naivität eines Teils der Gegendemonstranten negativ aufgefallen: "Für sie ist das Spektakel des Eurofaschismus nur eine weitere Gelegenheit, sich in unkritischer Islamophilie (Zuneigung zum Islam) zu sonnen", sagte Giordano. Ebenso begrüßte der Schriftsteller Günter Wallraff das Verbot, mahnte die demokratischen Parteien aber, berechtigte Kritik am Islam nicht den Rechten zu überlassen: "Positiv ist in jedem Fall, dass eine ganze Stadt aufsteht", sagte Wallraff.

Linksautonome bewarfen Polizei mit Steinen
Linksautonome bewarfen am Rande der Gegendemonstration Polizisten mit Steinen, Brandsätzen und Chinaböllern und versuchten sogar, ihnen die Pistolen zu entwenden. Die Polizei drängte die teils vermummten Angreifer mit Schlagstöcken und einer Reiterstaffel zurück. Sechs Polizisten wurden verletzt. 15 Autonome wurden festgenommen und etwa 500 vorübergehend in Gewahrsam genommen. Mehrere Autonome setzten sich auf Bahngleise. Insgesamt kam es durch die Demonstrationen in Köln nach Angaben eines Bahnsprechers zu Verspätungen bei 520 Zügen.

Pro Köln wollte Treffen abhalten
Die islamfeindliche Initiative Pro Köln wollte auf dem Heumarkt in der Altstadt ein Treffen mit bis zu 1.500 Gleichgesinnten abhalten. Bis zum Mittag waren aber nur etwa 50 Teilnehmer eingetroffen. Am Köln-Bonner Flughafen kamen nach Polizeiangaben noch 100 bis 150 Sympathisanten von Pro Köln an, fuhren aber auf Empfehlung der Beamten nicht in die Innenstadt.

Der Generalsekretär von Pro Köln, Markus Wiener, sagte, es seien insgesamt mehr als 1.000 Sympathisanten in den Kölner Raum gereist, doch die Polizei habe dem "Terror von der Straße" nachgegeben und das Recht auf Versammlungsfreiheit nicht verteidigt. Pro Köln will das Kundgebungsverbot vor dem Verwaltungsgericht anfechten. Der freiheitliche EU-Abgeordnete Andreas Mölzer empörte sich über einen - wie er sagte - "demokratiepolitischen Skandal": "Die Polizei und die politische Öffentlichkeit sieht dabei zu, wie neben mir auch EU-Abgeordnete aus Italien und Frankreich von gewalttätigen Linksextremisten daran gehindert werden, Stellung zur Islamisierung in Europa zu beziehen". FP-Generalsekretär Harald Vilimsky sprach von einem "Totalversagen der Stadtverwaltung und der Polizeispitze".

Popkonzert gegen Rechtsradikale
Der Großteil der Proteste gegen Pro Köln verlief jedoch friedlich. Ohne Zwischenfälle verlief eine Gegendemonstration des Deutschen Gewerkschaftsbundes, auf der Kölner Musikgruppen umgedichtete Karnevalslieder gegen die Rechtsradikalen sangen.

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