Strenger Pfarrer

Linkswählen ist in slowenischer Pfarre “Todsünde”

Ausland
19.09.2008 12:03
Eine drastische Entscheidungshilfe vor der Parlamentswahl am Sonntag hat ein slowenischer Pfarrer seinen Schäfchen geboten. Wer bei dem Urnengang für die oppositionellen Linksparteien stimmt, "begeht eine Todsünde", heißt es in den Pfarrnachrichten der Pfarre Bevke bei Laibach, die am Donnerstag von der Tageszeitung "Delo" veröffentlicht wurden. Dies ging selbst dem Laibacher Erzbischof Alojz Uran zu weit: Er forderte Pfarrer Janez Ockon auf, den Text sofort von der Anschlagstafel der Pfarre zu entfernen.

"Ihr sollt euch bewusst sein, dass ihr als Christen verpflichtet seid, eure Stimme einer Partei zu geben, die nicht gegen die Kirche ist und sie zerstört. Jeder, der eine Partei wählt, die gegen die moralischen Vorschriften und die Kirche als Institution arbeitet, begeht eine Todsünde", heißt es im Pfarrblatt unter dem lapidaren Titel "Wahlen zur Staatsversammlung".

"Damit euch der Heilige Geist erleuchte"
Die Linke würde "alles tun", um wieder an die Macht zu gelangen, "sie würde sogar über Leichen gehen", warnt der Pfarrer. Um sich zu helfen, halte sich die Linke vor der Wahl bewusst mit Angriffen auf die Kirche zurück und gründe sogar "Parteien mit christlichem Vorzeichen". "Betet zum Heiligen Geist, damit er euch erleuchte und ihr euch richtig entscheiden werdet zum Wohle unserer Heimat und ihr keinen Manipulationen aufsitzen werdet."

Erzdiözese distanziert sich
Die Erzdiözese Laibach distanzierte sich in einer Stellungnahme vom Inhalt des Pfarrblatts, "das in einigen Teilen der offiziellen Lehre der Kirche widerspricht". Es handle sich überdies nur um die Privatmeinung von Pfarrer Ockon, der den Text nach einer entsprechenden Aufforderung durch Erzbischof Uran bereits von der Anschlagstafel der Pfarre entfernt habe.

Christdemokraten dürften Parlamentseinzug verpassen
Die christdemokratische Partei "Neues Slowenien" (NSi) muss Umfragen zufolge bei der Parlamentswahl um den Wiedereinzug ins Parlament bangen. Viele ihrer Sympathisanten sind zur (weltlichen) Slowenischen Demokratischen Partei (SDS) von Premier Janez Jansa übergelaufen, und eine Gruppe von NSi-Dissidenten gründete jüngst eine eigene "Christdemokratische Partei" (KDS). Sie hat keine Chancen auf einen Einzug ins Parlament, könnte die NSi aber entscheidende Zehntelprozentpunkte in deren Kampf um den Verbleib in der Volksvertretung kosten. Es wäre das erste Mal seit der Einführung demokratischer Wahlen im Jahr 1990, dass keine Christdemokraten im slowenischen Parlament vertreten wären.

Schwerer Stand für Kirche in Slowenien
Die katholische Kirche hat in Slowenien einen schweren Stand, gilt das postkommunistische Land doch als eine der am stärksten säkularisierten Gesellschaften Europas. Zwar bezeichnet sich eine Mehrheit der Slowenen als katholisch, am Kirchenleben nimmt jedoch nur eine kleine Minderheit teil. Auch nach dem Ende des Kommunismus gilt in Slowenien eine strikte Trennung von Kirche und Staat. Die linksgerichtete Opposition wirft der Mitte-Rechts-Regierung von Ministerpräsident Jansa vor, diese verfassungsrechtlich verankerte Trennung aushöhlen zu wollen, etwa durch die Zulassung katholischer Privatschulen und von Seelsorgern in Armee und Polizei.

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