'Ansehen gefährdet'

KD1-Chef Frühwirth suspendiert

Österreich
17.09.2008 16:56
Die Wiener Polizei kommt nicht zur Ruhe. Am Mittwoch ist bekannt geworden, dass der bereits versetzte Leiter der Kriminaldirektion 1, Oberst Roland Frühwirth, von der Disziplinarkommission des Innenministeriums suspendiert worden ist. Als Begründung wurde der Gastkommentar Frühwirths in der September-Ausgabe des Fachmagazins „Kriminalpolizei“ angeführt, in dem der Wiener Kripo-Chef nicht mit Kritik an der Wiener Polizeispitze gespart hatte. Diese hatte daraufhin Anfang September Disziplinaranzeige erstattet.

Es bestehe der Verdacht, er habe durch seinen Gastkommentar schwerwiegendste Dienstpflichtverletzungen begangen, „die das Ansehen des Amtes und wesentliche dienstliche Interessen gefährden“, heißt es vonseiten der Bundespolizeidirektion Wien. „Unqualifizierte Pauschalangriffe“ nannte Walter Hladik, Sprecher der BPD, den Kommentar. Von Polizeipräsident Gerhard Pürstl gab es keine Stellungnahme. „Kein Kommentar“, sagte Frühwirth zu seiner Suspendierung. Polizei-Insidern zufolge ist davon auszugehen, dass er gegen die Suspendierung berufen wird.

Unter dem Titel „Bilanz einer Zerstörung“ hatte Frühwirth vor allem die Vernichtung des sogenannten Zundwesens (Kontakte zu Informanten) und mangelndes Qualitätsmanagement bekrittelt. So hieß es in den Kommentar: „In den letzten drei Jahren hat die Wiener Polizeiführung leider verschuldet, das Informantenwesen in Wien de facto zum Erliegen zu bringen.“ Der KD1-Oberst ging noch weiter: Die operative Umsetzung der „Kriminalstrategie“ sei über Lippenbekenntnisse kaum hinweg gekommen. „Eher wurden wir Kriminalbeamte als Querulanten gesehen, die dem allgemeinen 'Fortschritt' (...) oder Karriereträumen Einzelner (...) im Wege stehen.“

Pürstl: „Kein Dienstgeber lässt sich das gefallen“
Pürstl hatte daraufhin bereits Anfang September Konsequenzen angedeutet: „Kein Dienstgeber würde es sich gefallen lassen, wenn ein offensichtlich nicht renommierter, sondern versetzter Mitarbeiter ihn mit unqualifizierten Äußerungen in der Öffentlichkeit attackiert“, so der Polizeipräsident. Die Suspendierung löst jetzt heftige Kritik aus. Alfred Ellinger, Präsident der Vereinigung österreichischer Kriminalisten, schreibt in der nächsten Ausgabe der „Kriminalpolizei“: „Aber offenbar ist Kritik an einer ohnehin umstrittenen Polizeireform so etwas wie eine Majestätsbeleidigung.“ Und weiter: „Eine Meinung, die der 'Polizeiobrigkeit' nicht passt, darf nicht veröffentlicht werden, aus, punktum!“ Ellinger vermutet, dass ein solches Disziplinarverfahren „wohl beim Verwaltungsgerichtshof ein unrühmliches Ende nehmen“ müsse.

„Kriminalpolizei“ lässt sich nicht einschüchtern
Für die Redaktion der „Kriminalpolizei“ übermittelte Chefredakteur Ferdinand Germadnik eine Stellungnahme: „Die 'Kriminalpolizei' ist bekannt dafür, dass auch an heiklen Themen nicht diplomatisch vorbeigeredet wird. Wir sagen, was Sache ist. Bisher sind das Innenministerium und die Polizeidirektionen gut damit zurecht gekommen. Als Reaktion hat es mitunter Leserbriefe gegeben. Die Suspendierung des Roland Frühwirth hat eine andere Qualität der Reaktion. Wir glauben dennoch nicht, dass ein Disziplinierungsversuch in Richtung einer angepassteren Schreibweise der 'Kriminalpolizei'-Mitarbeiter hinter dieser Maßnahme steht. Es sollte die Meinungsfreiheit auch für Mitarbeiter der Polizei ein schützenswertes Gut bleiben.“

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