Staat greift ein

US-Regierung will Finanzbranche auffangen

Ausland
20.09.2008 19:28
Nach der dramatischen Zuspitzung der Finanzmarktkrise deuten sich noch weitreichendere Rettungsbemühungen der US-Regierung an. Medienberichten zufolge wird eine Auffanglösung für die gesamte amerikanische Finanzbranche erwogen. US-Finanzminister Henry Paulson arbeite an einem Plan zur Übernahme von notleidenden Vermögenswerten der Institute, berichtete der US- Wirtschaftssender CNBC. Paulson und US-Notenbankchef Ben Bernanke berieten am Donnerstag bereits mit Vertretern des US-Kongresses und der Präsidentin des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, über das Vorgehen. Die amerikanischen Aktienmärkte reagierten mit einem Kursfeuerwerk.

Die Regierung wolle sich zunächst der Unterstützung des Kongresses versichern, bevor sie das Vorhaben weiterverfolge, hieß es. "Wir beschäftigen uns mit einem Ansatz, die systemischen Risiken in den Kapitalmärkten anzugehen", sagte Paulson nach den Treffen in Washington. "Wir sprachen über eine umfassende Herangehensweise, die per Gesetz das Problem der nicht-liquiden Vermögenswerte in den Bilanzen bewältigen soll."

Politik auf einer Linie
Bernanke beschrieb die Gespräche im Kongress als "sehr, sehr positiv". Er freue sich auf eine enge Zusammenarbeit mit den Abgeordneten, "um die Finanzkrise zu lösen". Pelosi sagte: "Wir hoffen, sehr schnell voranzukommen. Tempo ist entscheidend." Der demokratische Mehrheitsführer im Senat, Harry Reid, sagte, er erwarte einen Vorschlag binnen Stunden.

Die Lösung wäre ähnlich wie beim Vorgehen in der schweren Krise von amerikanischen Sparkassen und Genossenschaftsbanken in den späten 1980er Jahren, berichtete CNBC. Der Sender berief sich auf Informationen von der Wall Street nach entsprechenden Gesprächen mit Paulson. In einer vom Staat organisierten Zweckgesellschaft könnten demnach riskante Papiere und "faule Kredite" gebündelt werden, die den Unternehmen derzeit massive Probleme bereiten.

Vertrauen in die Märkte soll zurückkehren
Eine solche Lösung würde nach Ansicht ihrer Befürworter die Bilanzen der Banken von Lasten befreien und ihnen einen normalen Geschäftsbetrieb ermöglichen. Auch müssten nicht mehr wie bisher Rettungsaktionen für einzelne Geldhäuser gestartet werden. In der Folge wären Banken eher bereit, Geld zu verleihen. "Das würde echtes Vertrauen in die Märkte zurückbringen", sagte der Chef der US-Investmentgesellschaft Lightyear Capital, Donald Marron, dem Sender.

In Reaktion auf die mögliche Auffanglösung kletterte der Dow-Jones-Index zum Handelsschluss um 3,86 Prozent auf 11.019,69 Punkte. Der S&P-500-Index gewann 4,33 Prozent auf 1206,51 Punkte. Der NASDAQ-Index kletterte am stärksten, und zwar um 4,78 Prozent auf 2199,10 Punkte. Auch die asiatische Leitbörse in Tokio legte zu Handelsbeginn am Freitag zu.

Steigen die Chinesen groß ein?
Der Rettungsplan könnte auch der um ihre Zukunft ringenden US-Investmentbank Morgan Stanley helfen. Das Traditionshaus verhandelt derzeit laut Medien einerseits mit dem viertgrößten US-Finanzkonzern Wachovia über eine Fusion. Parallel versuche die Bank aber weiter, ihre Unabhängigkeit zu retten - womöglich mit Kapital von Chinas Staatsfonds CIC. Dieser könnte seine Beteiligung von bereits zehn auf bis zu knapp 50 Prozent aufstocken.

US-Justiz ermittelt gegen Spekulanten
US-Behörden ermitteln wegen des Verdachts auf illegale Spekulationsgeschäfte im Zuge der US-Finanzkrise. Dabei sollen Investoren negative Gerüchte über Unternehmen gestreut haben und anschließend durch sogenannte Leerverkäufe ("short-sellings") von den fallenden Kursen der Firmen profitiert haben.

Sein Büro habe den Verdacht, dass es beim Einbruch der Kurse der Investmentbank Lehman Brothers und des Versicherers AIG zu entsprechenden Absprachen gekommen sei, sagte New Yorks Generalstaatsanwalt Andrew Cuomo am Donnerstag. Auch die Kurseinbrüche der Investmentbanken Morgan Stanley und Goldman Sachs könnten so forciert worden sein.

Leerverkäufe eingeschränkt bzw. verboten
Die US-Börsenaufsicht SEC hat angesichts der Turbulenzen am Finanzmarkt neue Regelungen gegen den Missbrauch mit ungedeckten Leerverkäufen beschlossen. Die britische Finanzaufsicht FSA hat diese seit Mitternacht zumindest bis Jänner überhaupt verboten. Bei einem ungedeckten Leerverkauf veräußern Investoren Aktien, die sich nicht besitzen und noch nicht einmal ausgeliehen haben. Sie spekulieren damit auf fallende Kurse und können so den Abwärtstrend einer Aktie dramatisch beschleunigen.

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