Erst Lob, dann Krach

Die Highlights des TV-Duells Haider vs. Faymann

Politik
12.09.2008 13:25
Auf anfängliches Lob für die "Kurskorrektur" der SPÖ von Seiten Jörg Haiders (BZÖ) ist bei der TV-Konfrontation zwischen Rot und Orange ein Schlagabtausch gefolgt, der überraschenderweise vor allem von Werner Faymann (SPÖ) hart geführt wurde. "Wen Sie in dem Land schon aller gekränkt, herabgewürdigt, beschimpft haben - ich weiß gar nicht, wie oft Sie schon vor dem Richter gestanden haben", kritisierte Faymann. Von Haider musste er sich im Gegenzug anhören, er brauche "nicht so beleidigt schauen". Inhaltlich drehte sich die Diskussion vor allem um die Pensionen, Mehrwert- und Lohnsteuersenkung sowie die Entlastung der Arbeitnehmerschaft.

Die TV-Konfrontation startete mit einem überraschend lammfrommen Jörg Haider, der sich "sehr zufrieden mit der Kurskorrektur der SPÖ durch Herrn Faymann" zeigte - selbstverständlich nur um anzumerken, dass das BZÖ für das Liefern guter Ideen an die SPÖ eine Medaille verdient hätte. Allerdings wundere er sich, so Haider, "dass Sie so lange gebraucht haben, um Ihr soziales Herz zu entdecken".

Zur Halbierung der Mehrwertsteuer meinte Werner Faymann, es müsse die Möglichkeit geben, bestimmte Produkte auszunehmen - etwa die berühmten Wachteleier und Kaviar. Er zögerte jedoch nicht zu betonen, dass er "kaum" jemanden kenne, der diese Produkte kaufen würde. Die Bevölkerung habe jedenfalls andere Sorgen, so der SPÖ-Spitzenkandidat. Die SPÖ sei nicht nur der Senkung der Mehrwertsteuer auf Medikamente - ein BZÖ-Antrag - gegenüber aufgeschlossen, so Faymann, auch dem grünen Vorschlag vom "Papa-Monat" könne er etwas abgewinnen.

Pensionen als Hauptthema - "Waren Sie nicht der Gleiche?"
Haider echauffierte sich über Faymanns Attitüde: "Man kann sich das nicht so einfach machen wie 'Friss Vogel, oder stirb'." Er verlangte, Maßnahmen für Pensionisten in das Anti-Teuerungspaket miteinzubeziehen. Es folgte eine lebhafte Diskussion über Pensionsprivilegien der Nationalbank, die Haider anhand eines Schaubilds darzustellen versuchte. Faymann warf Haider im Gegenzug vor, dass es während seiner Mitregierung unter Schwarz-Blau zu Pensionskürzungen gekommen sei. "Waren Sie da gerade ein kleines oder ein großes Parteimitglied? Das hat schon was mit Ihnen zu tun, oder?", gab sich der SPÖ-Chef angriffsfreudig. "Als Sie in der Regierung waren, was haben Sie da gemacht? Oder waren Sie da nicht der gleiche Herr Haider?" Erst auf Druck von Demonstrationen der Gewerkschaften und Pensionistenorganisationen habe die Regierung damals einige Maßnahmen abgemildert, warf Faymann dem BZÖ-Spitzenkandidaten vor. Die SPÖ dagegen habe mit Sofortmaßnahmen 100.000 Menschen entlastet, so Faymann.

Faymann zu Schwarz-Blau: "Nicht so leicht machen"
Haider bekräftigte, er wolle die Nationalbankpensionen abschaffen, ebenso wie den Pensionssicherungsbeitrag - "da kommen wir schon zusammen", zeigte er sich optimistisch. Faymann wollte sich damit nicht zufrieden geben: "Man kann es sich nicht so leicht machen und so tun, als wären die sieben Jahre nie gewesen." Er kritisierte, Haider habe Mitschuld an einer Belastungswelle und hoher Jugendarbeitslosigkeit gehabt. "Ich sehe viele Fehler in den letzten zwei Jahren", gab sich Faymann anschließend vorgeblich reumütig, dennoch habe die SPÖ dafür gesorgt, dass die Pensionserhöhung um zwei Monate vorverlegt werde. Haider ließ dieses Argument nicht gelten: "Sie können sich nicht hersetzen und sagen, 'Was wir gemacht haben, das war nicht so schlecht'. Denn es war schlecht."

"Er traut sich nicht herschauen, weil er die Unwahrheit sagt"
Haider warf Faymann vor, während seiner zweijährigen Tätigkeit als Koordinator der Regierung hätten "nicht nur die Pensionisten verloren, auch die kleinsten Pensionisten" (gemeint waren Menschen mit Mindestpension; Anm.). Auch Arbeitnehmer, die ihre Nächtigungsgelder nun versteuern müssten - "Ihnen ist offenbar die Arbeitnehmerschaft völlig egal", so Haider. "Falsch, ganz falsch", konterte Faymann und versuchte anhand eines Schaubilds darzustellen, dass es bei den Mindestpensionen nur im Jahr 2007 und 2008 - im Gegensatz zur schwarz-blauen Regierungszeit - eine Erhöhung statt einer Minderung gegeben habe. "Er traut sich schon gar nicht mehr herschauen, weil er die Unwahrheit sagt", feixte Haider. Auf einer Schautafel, "ja, da kann man viel zeigen. Man kann viel aufschreiben", so Haider - der ja zuvor ebenfalls dieses Hilfsmittel verwendet hatte.

"Lieber Mehrwertsteuersenkung" als BZÖ-Vorschläge
Auf Haiders Vorschlag, die Arbeiterkammerumlage bis 1.500 Euro aufzuheben und dafür nach oben aufzumachen, damit "Reiche" den Verlust ausgleichen können, reagierte Faymann ausweichend. Eine Steuerreform könne man nicht in zwei Parlamentssitzungen erledigen. Außerdem sei der SPÖ "die Mehrwertsteuersenkung auf Lebensmittel lieber", der 5-Punkte-Plan sei durchgerechnet und die eine Milliarde Kosten nehme man in Kauf - "Wir haben gesagt, dass die Leute das jetzt brauchen", so Faymann. Wahlzuckerl wolle er das nicht nennen, immerhin gebe man den Menschen ja etwas zurück, das sie bezahlt hätten. Wenn man nun zu viel auf einmal wolle, "bleibt zum Schluss nix für die Tarifreform".

Haider für kurzfristige Entlastungen vor Steuerreform
Haider kritisierte, dass die Senkung der Mehrwertsteuer erst nach einem Jahr eine spürbare Entlastung bringen würde - erst dann würde eine Familie 150 bis 170 Euro gespart haben. Sinnvoller sei der BZÖ-Vorschlag, 200 Euro weniger von der Lohnsteuer abzuziehen und 50 Euro pro Kind zu vergeben. Eine andere Lösung sei, die Arbeiterkammerumlage bis 1.500 Euro aufzuheben, was einer Familie im Schnitt 200 Euro pro Jahr bringen würde. "Zwei sehr reale Dinge, die sofort passieren", warb Haider um Faymanns Zustimmung. Die volle Besteuerung von Überstunden müsse ein Ende haben, verlangte er, die ersten zwanzig sollten steuerfrei sein. Schließlich komme die Steuerreform frühestens 2009, und das sei zu spät.

"Herr Haider fährt dann wieder nach Kärnten"
Faymann konnte den Plänen nichts abgewinnen: "Der Unterschied ist ja der: Der Herr Haider fährt dann wieder nach Kärnten, und wir sind dann noch im Parlament. Daher legen wir uns jetzt nicht auf Maßnahmen fest, die wir nachher nicht halten können." Haiders Antwort kam stante pede: "Da redet ja der Richtige - 2006 habt's ihr alles versprochen und nix eingehalten. Also Sie als der Assistent vom Gusenbauer haben nichts eingehalten von dem, was Sie versprochen haben."

Schengen und EU - Kriminalität kontra freies Reisen
Kurz kam das Gespräch dann noch auf die vom BZÖ geforderte Aufhebung der Schengengrenzen für fünf Jahre. Haider begründete dies mit den laut BZÖ guten Erfahrungen während der Fußball-Europameisterschaft. Damals seien die Grenzen ebenfalls reaktiviert worden und die Kriminalität massiv zurückgegangen, so Haider. Faymann sprach sich hingegen für offene Grenzen aus, da dieses Thema eine der positiv betrachteten Seiten der EU in Österreich sei. Negativ würden hingegen das Arbeitsrecht und der Naturschutz gesehen. Nötig sei außerdem der Ausbau der Schiene und im Gegensatz mehr für den Transit zu verlangen.

Haider schadenfroh: SPÖ als BZÖ-Nachahmer
Haider war erneut begeistert, "dass die SPÖ ihren Kurs korrigiert". Noch vor wenigen Wochen sei es undenkbar gewesen, dass man in der EU stärker auftreten müsse. "Über ein Jahrzehnt sind Sie einen falschen Kurs gefahren. Find' ich gut, dass das jetzt klar wird. Sie können nicht anders, als irgendwann einmal auf unsere Position umzuschwenken", zeigte sich Haider schadenfroh. Nachverhandlungen mit der EU wegen der Zahlungen Österreichs seien unabdingbar. Für ihn sei unverständlich, so Haider, dass Faymann als Sozialdemokrat zugesehen habe, "wie die kleinen Leute ausgenommen werden".

"Sie brauchen nicht so beleidigt schauen!"
"Herr Haider hat immer so einen Wortschwall", beschwerte sich Faymann, als er sich schließlich wieder zu Wort meldete. Er wehrte sich gegen die Vorwürfe, die SPÖ habe dafür gesorgt, dass es 150.000 weniger Arbeitslose als unter Schwarz-Blau gebe, außerdem habe die Regierung nun mehr in Infrastruktur investiert und kleinere Einkommen durch die Streichung oder Reduktion der Arbeitslosenversicherungsbeiträge entlastet, so der SPÖ-Chef. Trotzdem sei er "kein Beschöniger - und das unterscheidet mich von manchen anderen", so Faymann mit einem Blick auf sein Gegenüber, "wir hätten viel mehr tun können." Haider wollte das nicht auf sich sitzen lassen und verwies auf das Kindergeld, die "Abfertigung neu" und die große Steuerreform, die unter seiner Mitwirkung durchgesetzt wurden. "Sie zehren davon, dass diese Steuerreform so erfolgreich war", warf er Faymann vor, um dann nachzulegen: "Sie brauchen nicht so beleidigt schauutanten sich eine Koalition mit dem Gegenüber vorstellen könne, wurde es noch persönlicher. Haider warf Faymann Ausgrenzung vor und dass es ein "Unding" sei, als bekennender Anhänger der gescheiterten großen Koalition in die Wahl zu gehen. "Erinnern Sie sich nur daran, was in den 30er-Jahren diese Ausgrenzung angerichtet hat", so Haider. "In einer Demokratie müssen alle miteinander reden können", verlangte er. Faymann reagierte ungewöhnlich scharf: "Wen Sie in dem Land schon aller gekränkt, herabgewürdigt, beschimpft haben - ich weiß gar nicht, wie oft Sie schon vor dem Richter gestanden haben... Sie haben ja eine Vergangenheit, Herr Haider, die alle kennen!", warf der SPÖ-Chef seinem Gegenüber vor. Faymann zeigte zur Untermauerung seines Standpunkts ein BZÖ-Plakat aus dem Grazer Wahlkampf mit dem Motto "Wir säubern Graz" und dem Bild einer alten, auf der Straße sitzenden Frau, und empörte sich über die menschenunwürdige Methode des Stimmenfangs. "Das wollen die Menschen, Herr Faymann", entgegnete Haider ungerührt.

Faymann schließt Koalition mit BZÖ dezidiert aus
Der SPÖ-Chef ließ sich davon nicht umstimmen und schloss eine Regierungszusammenarbeit "sowohl mit der FPÖ als auch mit dem BZÖ" dezidiert aus. Gespräche könne man dennoch führen, auch Gesetze gemeinsam zu beschließen sei möglich, so Faymann. Haider reagierte gelassen, die SPÖ wolle "sowieso nur die große Koalition". Immerhin sei das eine "sehr gute Wahlempfehlung für viele Österreicher, diesmal nicht Rot oder Schwarz zu wählen", befand Haider. Faymann bekräftigte abschließend noch einmal in Richtung BZÖ-Chef: "Mit ihm regieren hab' ich nicht vor." Legere Antwort Haiders: "Vielleicht kommen's gar nicht in die Verlegenheit."

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