"Let's Rock"-Event

Apple: Face-Lifting bei den iPods – sonst nichts

Elektronik
10.09.2008 14:48
Nicht dass Steve Jobs etwas dafür kann, wenn sich die Blogosphäre und internationale IT-Medien vor jedem Apple-Event die Finger mit Gerüchten und Vorschusslorbeeren wundschreiben. Aber es ist dem Apple-Boss nur Recht. Dementsprechend geheimnistuerisch lud Apple letzte Woche zum "Let's Rock"-Happening in San Francisco. Dem Hype im Vorfeld wurde die Veranstaltung nicht gerecht. Statt "neuer" iPods gab es Face-Liftings bzw. eine Rückkehr zu früheren Designs und ein paar neue Funktionen. iTunes 8 kommt mit einer semantischen Playlist namens "Genius" und im US-Store wieder mit Content der NBC-Familie.

Das Highlight bei dem in San Francisco abgehaltenen Event war eigentlich der Eingangs-Satz "Die Berichte über meinen Tod sind stark übertrieben", den Jobs bei seinem Auftritt auf der Vidiwall einblenden ließ. Das Mark-Twain-Zitat galt der US-Nachrichtenagentur Bloomberg, die vor kurzem unabsichtlich einen Nachruf auf den Apple-Chef ausgeschickt hatte, und diversen Medienberichten, wonach es um Jobs' Gesundheit - er wurde vor ein paar Jahren wegen einer operablen Form von Bauchspeicheldrüsenkrebs behandelt - nicht zum besten stünde. Wirklich gesund sah der wie immer in Jeans, Rollkragenpulli und Turnschuhe gekleidete Computermilliardär aber auch nicht aus.

Apple sei mit seinem Internet-Laden iTunes weltgrößter Musikanbieter, sagte Apple-Chef Jobs gleich zu Beginn, ohne dazu nähere Angaben zu machen. Der iTunes Store habe inzwischen 65 Millionen Kunden und 8,5 Millionen Musiktitel im Angebot. Dann präsentierte Jobs die "neue" Modellpalette der iPod-Musikplayer. Unter anderem (neue, grelllere Farben, Audioaufnahme per Headset-Mikro) bekommt der nun wieder wie die ersten beiden Generationen in länglicher Rechteckform gehaltene und jetzt mit einem gewölbtem Metallkleid versehene iPod nano einen Bewegungssensor, wie ihn das iPhone und der iPod touch haben. Schüttelt man den merklich schmaler gewordenen Player ("Der dünnste iPod"), so aktiviert man die Shuffle-Funktion. Das ist aber plump abgekupfert: Zum Beispiel Sony Ericsson hat das schon vor Monaten in ein Handy eingebaut. Softwareseitig gibt es nun auch vollwertiges Coverflow, was erneut dem Accelerometer zu verdanken ist. Auch Videos und Fotos können "quergelegt" werden. Das Display ist übrigens dasselbe wie bei Generation drei, die Preise von €149,- (8GB) und €189,- (16 GB) sind geblieben.

Der iPod touch entspricht nun in seiner Form dem iPhone 3G, ist ein bisschen dünner und hat das, was Besitzer des First-Generation-iPhone zum Kauf des neuen Modells bringen würde: eine vollständig aus Leichtmetall gefertige Außenhülle. Zudem wurden Lautsprecher eingebaut, softwareseitig kommt als größte Neuerung der App Store auf den ansonsten technisch gleich gebliebenen Musikplayer mit der berührungsempfindlichen Oberfläche. Bei der Präsentation wurde mehr auf die teuren, ab sofort auch für den iPod touch erhältlichen Games im App Store eingegangen. Die Preise: €209,- für 8 Gigabyte, 279,- für 16 und 369,- für 32 Gigabyte. Jobs kündigte auch Firmware 2.1 für den iPod touch und das iPhone an, die die Akkulauftzeit und beim Handy die Stabilität verbessern soll. "Alte" iPod-touch-Benützer ohne Software 2.0 müssen dafür rund 10 Dollar löhnen, für iPhone-Besitzer dürfte es gratis sein. Beim iPod Classic gab es mehr Rück- statt Fortschritt: Die bisher 80 und 160 Gigabyte großen Modelle werden beide gestrichen. Es gibt nur mehr ein dünnes Modell mit 120 Gigabyte Speicher zum Preis von €239,-. Jobs stellte auch hochwertige In-Ear-Kopfhörer mit zwei Treibern und Fernbedienung samt Diktiermikro am Kabel vor. Die mit €79,- relativ günstigen Ohrhörer sind aber trotz des vierpoligen Klinkenanschlusses laut Store nicht iPhone-tauglich.

Im iTunes-Shop in den USA werden künftig auch Fernsehsendungen in hoher Auflösung (HD mit 720p) verkauft, wie Jobs ankündigte. Sie kosten pro Folge 2,99 Dollar, in SD sind bleibt es bei 1,99 Dollar (die von HBO kosten weiterhin mehr). Ein Erfolg für Apple ist die Rückkehr des US-Networks NBC ("Heroes", "The Office", "Battlestar Galactica"), das vor einigen Monaten im Streit um das Preismodell seine Sendungen aus dem Store zurückgezogen hatte. Bei iTunes 8 stellte Jobs neben einigen Funktionsverbesserungen bei den Ansichten die neue Funktion "Genius" vor, Herzstück in Sachen Wiedergabe und Playlisten. "Genius" kompiliert auf Wunsch automatisch Playlists ausgehend vom Musikgeschmack des Benutzers bzw. des jeweiligen Genres des gerade gehörten Songs. Damit wirklich die Lieder aus der eigenen Bibliothek (wahrscheinlich wird es aber auch "Kaufempfehlungen" geben) vorgeschlagen werden, die auch zum Gehörten passen, werden die Listen und Tags anderer iTunes-Nutzer anonymisiert ausgewertet. Das System erinnert stark an den Internetdienst "Pandora".

Am Ende der ungewöhnlich unspannenden Vorstellung erwarteten sich viele Zuseher und auch der Großteil der Live-Blogger (mit Standbildern im Minutentakt und "Guerilla-Audistreams" konnte man sich im Web ein Bild des Geschehens machen) das berühmte "we have one more thing for you". Doch es kam nicht. Stattdessen gab es einen Live-Auftritt von Jack Johnson, der solo mit Akustikgitarre kam und mit seiner relaxten Musik unfreiwillig unter Beweis stellte, dass der Titel des Events eine glatte Themenverfehlung war: Gerockt wurde hier nicht.

Von Christoph Andert

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