CERN-Experimente

Die Urknall-Maschine läuft!

Wissenschaft
12.09.2008 11:39
Die Urknall-Maschine läuft! Der Teilchenbeschleuniger LHC am Schweizer Kernforschungszentrum CERN ist am Mittwoch erfolgreich gestartet worden. Um exakt 9.33 Uhr schossen die Forscher einen ersten Protonenstrahl in den drei Milliarden Euro teuren "Large Hadron Collider" ein. Die nächsten Wochen über werden jetzt Stabilitätstests durchgeführt. Ziel der Experimente ist eine Urknall-Simulation (siehe Video oben), in der die Wissenschaftler aus kleinsten Teilchen noch kleinere machen wollen, in der Hoffnung, dabei neue Erkenntnisse über die Entstehung des Universums zu gewinnen. Während CERN-Kritiker den Weltuntergang fürchten, hat der renommierte Wissenschaftler Stephen Hawking 100 Euro gegen das Experiment gesetzt.

Durch die 27 km lange Röhre, die sich mehr als 50 Meter unter der Erde befindet, werden die Wissenschafter in den nächsten Wochen Elementarteilchen mit beinahe Lichtgeschwindigkeit aufeinander schießen und dabei eine Glut entstehen lassen, wie sie unmittelbar nach dem Urknall herrschte, also bei der Geburt des Universums. Zunächst werden aber nur Protonenstrahlen mit relativ geringer Energie in einer Richtung durch den auf minus 271 Grad heruntergekühlten Beschleuniger geschickt.

Der Beginn der eigentlichen Urknall-Experimente erfolgt also erst in einigen Wochen. Bis dahin müssen die Forscher dafür sorgen, dass der erste Protonenstrahl stabil in der Vakuumröhre zirkuliert. Danach wird der zweite Protonenstrahl in gegenläufiger Richtung eingeschossen. Erst dann - rückblickend nach mehr als zwanzig Jahren Planungs- und Bauzeit - können sie die mit beinahe Lichtgeschwindigkeit zirkulierenden Protonenpakete zur Kollision bringen. Mit voller Energie werden die Teilchenstrahlen aber überhaupt erst nächstes Jahr aufeinanderprallen. Weltuntergangs-Propheten (mehr dazu weiter unten) stehen demnach noch viele weitere schlaflose Nächte bevor.

Auf der Suche nach dem "Gottesteilchen"
Die Forscher machen sich mit Hilfe einer der kompliziertesten je von Menschen erbauten Maschine zunächst auf die Suche nach dem sogenannten Higgs-Teilchen, ohne das die Elementarteilchen der bisher gültigen Theorie zufolge keine Masse hätten. Entdecken die Physiker am europäischen Teilchenphysikzentrum CERN dieses "Gottesteilchen", kann sich dessen Namensgeber, der britische Physiker Peter Higgs, Hoffnungen auf den Nobelpreis machen. Erste Hinweise auf das Teilchen könnte der LHC möglicherweise schon im nächsten Jahr liefern. Wenn das Higgs-Boson aber besonders leicht sein sollte, müsse man auf einen Nachweis bis 2010 warten.

Skeptiker: "Schwarzes Loch wird Erde verschlucken!"
Indes befürchten Skeptiker, dass die Experimente den Weltuntergang in Gang setzen könnten. Seit Wochen warnen sie davor, dass bei den Versuchen ein Schwarzes Loch entstehen könnte, das die Erde verschluckt. Der deutsche Professor Otto E. Rössler: "Das Schwarze Loch würde sich zunächst irgendwo in der Erde befinden, dort herumkreisen, sich irgendwann festsetzen und von dort aus immer stärker exponentiell wachsen, was irgendwann zu sichtbaren Effekten führen würde." Rösslers Ansicht nach könnte die Erde von Schwarzen Löchern verschlungen werden – zwar nicht auf einen Schlag, aber unaufhaltsam.

CERN-Forscher beschwichtigen
Befürchtungen, die das Atomforschungszentrum CERN nicht teilt. Letztlich fänden Ereignisse wie in dem Teilchenbeschleuniger ständig auf der Erde statt, wenn diese auf ihrem Weg durch den Weltraum auf hochenergetische kosmische Strahlung stoße. "Die Natur hat bereits die Entsprechung von hunderttausend LHC-Testprogrammen auf der Erde durchgeführt, und der Planet ist noch immer da." Eine Gruppe von CERN-Experten hatte die Sicherheitsfrage schon im Jahr 2003 eingehend untersucht und dann grünes Licht gegeben. Frankreich hatte unabhängig davon seine Atomaufsicht mit einer Prüfung beauftragt und war zu demselben Ergebnis gekommen.

Physikerin erklärt es in coolem Rap
Auch wenn in dem Teilchenbeschleuniger Schwarze Löcher erzeugt werden könnten, würden diese "mikroskopisch" klein sein und sich praktisch sofort wieder auflösen, schrieben CERN-Physiker in einer Studie im Fachblatt des Londoner Instituts für Physik. "Alles easy", sagt auch die Wissenschaftlerin Kate McAlpine, die mit ihrem Rap über den Teilchenbeschleuniger (siehe Infobox) im Internet zum Star avancierte. "Wenn die Partikel sich treffen, ist es so, als würden zwei Moskitos zusammenstoßen. Das wären unglaublich kleine schwarze Löcher mit sehr wenig Energie. Und wahrscheinlich entstehen nicht einmal die", beschwichtigt auch CERN-Physiker John Ellis.

Hawking setzt 100 Dollar gegen das Experiment
Der renommierte Wissenschaftler Stephen Hawking ("Das Universum in der Nussschale") hat indes 100 Dollar gegen das LHC-Experiment gesetzt. In einem Interview mit der Agence France Presse sagte Hawking zwar, dass er glaube, dass die CERN-Forscher "genug in der Hand haben, um das Higgs-Teilchen zu finden". Der LHC werde die Kraft in der Teilchenforschung vervierfachen. Trotzdem hat Hawking dagegen gewettet, weil er es "spannender fände, wenn das Higgs-Teilchen nicht gefunden wird". "Das würde alle Theorien umstoßen, und wir müssten von vorne anfangen", so Hawking.

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