Schüsse in Traisen

Ehefrau: “Er rastete wegen der Schulden aus”

Österreich
05.09.2008 19:07
Jener bewaffnete Ex-Voest-Mitarbeiter (Foto), der am Donnerstag auf dem Gelände der Voest-Alpine im niederösterreichischen Traisen mit einer Pistole Angst und Schrecken verbreitete, versucht die Vorwürfe nun abzuschwächen. Auch die Ehefrau des 49-Jährigen meldete sich am Freitag zu Wort. "Walter wurde einfach alles zu viel. Die lange Arbeitssuche, die Schulden und die ganze Aussichtslosigkeit brachten ihn zum Ausrasten", kämpfte die 31-Jährige im Gespräch mit der "Krone" mit den Tränen. "Aber Donnerstag früh hat gar nichts auf das Ganze hingedeutet. Er konnte ja keiner Fliege etwas zuleide tun."

Mit den Worten "Genau dich suche ich!" hatte der 49-Jährige am Donnerstag auf einen Voest-Angestellten geschossen und diesen an der Schulter verletzt. Gegenüber der Polizei behauptete der Täter, er  habe seinen ehemaligen Arbeitskollegen "nur erschrecken wollen", da er dem Mann die Schuld für seine Kündigung gebe. Die Staatsanwaltschaft St. Pölten hat am Freitag Ermittlungen wegen versuchtes Mordes aufgenommen. Über den Verdächtigen wird am Samstag auf Antrag der Staatsanwaltschaft die Untersuchungshaft verhängt, wie Franz Cutka, Vizepräsident des Landesgerichts St. Pölten, ankündigte.

Unterdessen beteuerte Nikolaus Rast, der Verteidiger des Verdächtigen: "Das Motiv war Verzweiflung. Er hat in diesem Menschen den Grund allen Übels gesehen". Der 49-Jährige war zuletzt bei einer Leiharbeiterfirma beschäftigt gewesen und hatte mehrere Wochen am Voest-Gelände gearbeitet. Dabei sei er von dem 56-Jährigen gemobbt worden, sagte Rast. Auf einem Dach sei es schließlich sogar zu einer handfesten Auseinandersetzung gekommen: "Dem Streit sind unterschiedliche Arbeitsauffassungen vorangegangen. Der andere hat meinen Mandanten richtig geschüttelt. Dieser wäre fast vom Dach gefallen."

Jobverlust, Kredit und drohende Scheidung
In weiterer Folge sei der 49-Jährige zum Vorarbeiter zitiert worden. Bei der Voest habe man auf seine Dienste danach keinen Wert mehr gelegt. Er habe schließlich auch den Job bei der Leiharbeiterfirma verloren. Zusätzlich habe seinen Mandanten ein laufender Kredit bedrückt. Als auch noch seine Ehefrau Scheidungsabsichten äußerte, "ist er in eine Verzweiflung hineingekommen", berichtete Rast.

Anwalt: Mandant wollte Arbeitskollegen "Angst einjagen"
In dieser Situation beschloss der 49-Jährige offenbar, es dem ehemaligen Arbeitskollegen heimzuzahlen. "Er wollte ihm Angst einjagen, so wie der andere ihm damals am Dach Angst eingejagt hat", erklärte sein Anwalt. Laut Rast habe der 49-Jährige "an sich in die Luft geschossen", um "Aufmerksamkeit zu erregen". "Er hat gar nicht mitbekommen, dass er ihn getroffen hat. Er hat geglaubt, der Schuss geht vorbei", so der Verteidiger, der betonte, Tötungsabsicht wäre mit Sicherheit keine vorgelegen.

Opfer konnte dank Ladehemmung flüchten
Der 49-Jährige gab gegenüber der Polizei an, er habe seinen ehemaligen Kollegen zur Rede stellen wollen. Dabei zog er eine Pistole und feuerte "aus kurzer Distanz" auf den Mann, hieß es am Freitag von der Polizei. Offenbar kam es bei der Schussabgabe zu einer Hemmung an der Waffe, so dass das Opfer flüchten konnte. Der Voest-Arbeiter wurde an der Schulter getroffen und verletzt. Der 49-Jährige habe in weiterer Folge noch einen zweiten Mann auf dem Gelände aufsuchen wollen, dieser war aber nicht anwesend.

"Cobra" überwältigte den Schützen
Der 49-Jährige hatte sich Donnerstag gegen 10.00 Uhr Zugang zu dem Werk verschafft. Nach dem Schuss auf seinen ehemaligen Kollegen verschanzte sich der Mann am Firmengelände. Gegen 15.00 Uhr gelang es acht "Cobra"-Beamten plus Einsatzhund, den Niederösterreicher zu überwältigen, der die Aufgabe verweigerte und mit Selbstmord drohte. Der Tatverdächtige wurde Donnerstagabend in die Justizanstalt St. Pölten eingeliefert.

Voest: "Können wir nicht nachvollziehen"
Laut einem anderen Voest-Mitarbeiter, war der 49-Jährige als Leiharbeiter in die Firma gekommen, vor einigen Monaten sei ihm das Wohnhaus abgebrannt. "Aber Grund ist das ja noch lange keiner für so einen Wahnsinn." Voest-Alpine-Sprecher Peter Schiefer bestätigte, dass der Täter für kurze Zeit über eine Leasingfirma in der Schlosserei gearbeitet hat. "Das liegt über ein Jahr zurück. Die Hintergründe können wir nicht nachvollziehen", so Schiefer.

Ehefrau: Vormittags noch Tochter in Kindergarten gebracht
Die 31-jährige Ehefrau des Bewaffneten war am Nachmittag zum Werksgelände in Traisen gekommen. Sie sagte, dass ihr Mann immer wieder betont hätte, dass er sich in der Firma schlecht behandelt fühlte. Der 49-Jährige sei seit ungefähr einem halben Jahr nicht mehr bei der Voest-Alpine beschäftigt und derzeit arbeitslos. Donnerstag früh hat der 49-Jährige noch seine viereinhalbjährige Tochter in den Kindergarten gebracht. Danach hätte er einen AMS-Kurs besuchen sollen. Das Paar ist seit sechs Jahren verheiratet und hat außer dem Mädchen noch einen elfjährigen Sohn.

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