Babypause

Netrebko singt mit Villazon und Domingo

Adabei
28.06.2008 13:51
So manchen Fußballfan wird nach dem Finale der EURO 2008 am Sonntag wohl eine gewisse Leere erwarten: Auf die Euphorie folgt wieder Alltag ohne Autofähnchen, Kleidung in den Nationalfarben und dänisches Bier. Auch die Opernfans haben eine Durststrecke vor sich: Mit einer glamourösen Gala vor Schloss Schönbrunn hat sich Starsängerin Anna Netrebko am Freitagabend in die Babypause verabschiedet. Doch es war ein Abschied der Superlative: Netrebko, Rolando Villazon und Placido Domingo brachten Stimm-Zauber und Star-Ruhm ins romantische Setting und die rund 10.000 Besucher viel Geld mit, um das große Opernevent miterleben zu können.

Nein, es war nicht "Unter Donner und Blitz", wie eine wohl vorausblickend ironisch programmierte Strauß-Polka meinen lassen würde. Ganz im Gegenteil, die Opernfans erwartete ein lauer Sommer-Abend, ein romantisch vom Sonnenuntergang beleuchtetes Schloss Schönbrunn.

Netrebko, zuerst in Rot, dann in Schwarz gekleidet, verzückte das Publikum. Im Star-Match gewann Russland (Netrebko) gegen Spanien (Domingo) und Mexiko (Villazon) zusammen. Szenenapplaus begrüßte ein kurzes Tänzchen von Netrebko und Domingo zu "Lippen schweigen" aus der "Lustigen Witwe", jeder Auf- und Abtritt Netrebkos verzauberte ihre Fans (und gab genug Gesprächsstoff für die Konzertpausen): Wie das so ist mit dem Babybäuchlein, wann der Nachwuchs jetzt kommt, wie gutaussehend der Kindsvater doch ist. Und wie ausdrucksstark und kraftvoll sie bei ihrem letzten Konzert vor der Babypause noch gesungen hat.

Auch die Männer wussten zu überzeugen: Herzerweichend Villazon vor allem bei "Dein ist mein ganzes Herz", und Domingo hat sowohl als Opern- als auch Event-Routinier nicht immer das Beste, aber das Richtige mit seiner Stimme getan. Schön, dass die Stars nicht nur die platten Opernhits abspulten, und wie viel Emotion rüberkam. Villazon und Domingo sangen etwa Denvers "Perhaps Love" innig wie ein Liebespaar aus Philadelphia.

Nicht alle waren begeistert...
Doch nicht jeder Gast war bei der Wiederauflage jenes Star-Trios, das bereits 2006 zwei Tage vor dem WM-Finale in Berlin aufgetreten war, von Klang und Anblick fasziniert: "Zu sowas komm ich nie wieder", maulte ein Besucher im hintersten Zuseher-Bereich. Und wahrlich, auf den beiden hinteren Tribünen hatte das Ganze den Charme von Handy-TV: Mit kleinen Digitalkameras versuchten die Besucher, die winzigen Sänger zu fotografieren, selbst die Videoleinwände boten nicht eben ein Breitwanderlebnis, sondern wirkliches Fern-Sehen. Überhaupt müssen sich so manche fragen lassen, ob nicht etwa in der dritthöchsten Preis-Kategorie - zwei Karten gab es da für zusammen rund 600 Euro, dafür saß man genau auf Höhe der TV-Kameras in der Mitte des Ehrenhofes - der Erwerb eines Flachbildfernsehers die ein bisschen gescheitere Investition gewesen wäre. Denn Kameras haben dem menschlichen Auge immer noch eines voraus - den Zoom.

Noch weiter hinten jedenfalls war eine körperliche Anwesenheit in Schönbrunn nur notwendig, wenn man das Bedürfnis nach gemeinschaftlichem Erlebnis hat. Doch derartige Events haben offenbar eine ganz eigene Logik, die Opernfanzone war voll von Vielzahlern. Über diese ließ sich einiges lernen: Wer am meisten - also mehr als 400 Euro für ein Ticket - bezahlt hat, klatscht am längsten, vor der Bühne war große Begeisterung zu spüren.

Sound ließ zu wünschen übrig
Doch wer eine halbwegs vernünftige Heimkino-Anlage sein Eigen nennt, wird bei der TV-Übertragung wohl auch einen besseren Sound gehabt haben als vor Ort. In Schönbrunn war, zumindest auf der Tribüne, vom Radio Symphonieorchester unter dem rasant dirigierenden Bertrand de Billy kaum eine Feinheit auszumachen, auch wenn knackige Bässe den Eindruck eines vollen Klanges anstrebten: Filmmusik-Sound zum Opern-Wunschkonzert. Dafür - wäre das doch nur in der "echten" Oper auch öfter so - hörte man jeden Beistrich bei den Stimmen. Und die Galastars ließen wahrlich nichts zu wünschen über - obwohl den Stimmen von Domingo und Villazon die Verstärkung besser tat als jener von Netrebko. Gerade Villazon, der im Laufe seiner Karriere mit Stimm-Überforderung zu kämpfen hatte, profitiert von der Soundmischung.

Am Schluss gab es eine musikalische Hommage an den Ort des EM-Finales: Ob Wien jedoch für die Deutschen oder die Spanier "Stadt meiner Träume" werden wird, zeigt sich erst am Sonntag. Am Freitag sammelten vor allem die Netrebko-Fans Stoff für Träume für die Zeit bis zum Comeback der Sängerin voraussichtlich im Dezember.

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(Bild: kmm)



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