Geheimnis gelüftet

So kommen die Straßen ins Navigationssystem

Motor
30.06.2008 18:13
Woher weiß der sprechende Wegweiser im Auto, dass in 100 Metern eine scharfe Rechtskurve kommt? Navigationsgeräteherteller beziehen ihre Informationen mehrheitlich von einem der zwei führenden Straßenkarten-Produzenten, Tele Atlas oder Navteq, erklärt der Wiener GPS-Fachhändler Erich Guzmits. Zur Erfassung der Verkehrsrouten und -bedingungen werden die Straßen buchstäblich "erfahren", ergänzte Cristin Anthes, Sprecherin von Navteq Deutschland, Österreich, Schweiz.
(Bild: kmm)

"Kartographie gibt es schon seit ein paar Hundert Jahren", führte Michael Schellnegger, Marketingleiter der Grazer Firma Puls Elektronik, österreichische Repräsentanz des US-GPS-Herstellers Garmin, aus. Für die Digitalisierung der Straßenpläne reiche jedoch die Genauigkeit einer papierenen Karte nicht aus. Für ein GPS-Gerät müsse jeder Punkt vektorisiert sein. Anfang der 1990er Jahre begannen Spezialfirmen, die vorhandenen Daten neu zu interpretieren und umzuwandeln.

Zuvor sei eine Freigabe des Materials durch die jeweiligen Behörden notwendig. In Österreich muss dieses bzw. die Rechte darauf beim Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen (BEV) erworben werden. "Wir liefern die topographischen Grundlagen", erläuterte Dennis Selak vom BEV. Preis dafür werde individuell ausgehandelt. In den USA müssen die Kartendaten laut Schellnegger sogar unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden. Die Marinekarten dagegen seien oftmals im Eigentum der britischen Marine, so Schellnegger.

Dauernde Änderungen
Straßenkarten sind dynamisch. Ständig kommen neue Baustellen, Stopp-Schilder oder Kreuzungen hinzu. Um diese Änderungen im Verkehrsnetz zu erfassen, beschäftigt etwa die US-Firma Navteq, für die der finnische Handy-Konzern Nokia zuletzt 8,1 Milliarden Dollar geboten hatte, mehr als 300 Feldforscher. Diese fahren regelmäßig alle Straßen ab und erfassen neue Details kartographisch. Das belgische Unternehmen Tele Atlas, das in Kürze vom niederländischen GPS-Gerätehersteller TomTom übernommen werden wird, hat in Europa 22 Kartierungsfahrzeuge im Einsatz.

High Tech statt Stift und Papier
Während die Geoanalysten vor 20 Jahren noch mit Papierkarten und Bleistiften ausgerüstet waren, sind sie heute in High-Tech-Fahrzeugen unterwegs. Auf dem Dach des Autos befindet sich ein GPS-Empfänger, der wiederum an einen Laptop angeschlossen ist. Änderungen, wie etwa eine Einbahnstraße, können entweder direkt im Bild markiert oder via Sprachaufzeichnung in den Computer eingegeben werden. Zur Dokumentation komplexer Informationen haben die Spezialisten zusätzlich eine Kamera dabei, hieß es bei Navteq.

Die Mobile-Mapping-Wagen von Tele Atlas befahren die Straßen mit je sechs Kameras, getaktet mit drei Bildern pro Sekunde - und können dabei mit bis zu 80 km/h unterwegs sein. Eine eigens entwickelte Technologie erlaube die präzise Erfassung von Geometrien. Mithilfe von Differential-GPS, Odometer (misst die zurückgelegte Wegstrecke, Anm.) und Kreiselkompass könne die Fahrzeugposition mit einer Genauigkeit von plus/minus einem Meter online geortet werden.

In vielen Fällen arbeiten die Unternehmen auch mit den lokalen Behörden wie den deutschen Landesvermessungsämtern oder der Post zusammen. Bei der Österreichischen Post gibt es laut Tele Atlas Deutschland eine Datenbank mit allen adressierten Gebäuden inklusive Geokoordinaten. Jede Information über eine neue Baustelle oder Tankstelle wird jedoch an Ort und Stelle überprüft, sagte Anthes. Überdies haben die Endverbraucher, also Besitzer der Navigationsgeräte, die Möglichkeit, Veränderungen via Internet bekanntzugeben. Die Hersteller der Auto-Wegweiser integrieren diese Daten schließlich in ihre Systeme.

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(Bild: kmm)



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