Textwerk

Wettlesen um den Bachmannpreis ist eröffnet!

Kärnten
27.06.2008 13:51
Der deutsche Schriftsteller Thorsten Palzhoff hat am Freitag im ORF-Theater das Wettlesen um den Ingeborg-Bachmann-Preis eröffnet. Seine Erzählung "Livia" fand bei den Juroren Wohlwollen, aber fast durchwegs mit Einschränkungen. Anschließend las Alina Bronsky einen Auszug aus ihrem Roman "Scherbenpark", der angeregte Debatten unter den Juroren auslöste.

Thorsten Palzhoff führte die Zuhörer ins Rumänien im Umbruch nach dem Sturz Ceausescus. Eine mystische Figur namens Livia bringt ein WDR-Fernsehteam dazu, ihrem einheimischen Führer ins Landesinnere zu folgen. Diese Livia soll eine heroische Figur gewesen sein, ein kleines Mädchen, das zur Heldin wurde. Die Reporter verschwinden spurlos, 18 Jahre später taucht in Deutschland ein Videoband auf, welches das Verschwinden der beiden Deutschen erklärt. Livia, so stellt sich heraus, ist eine Propagandafigur aus einem Kinofilm. Als die beiden in einem Dorf in Siebenbürgen eintreffen, wird ihnen der Film gezeigt, sie filmen mit, das Band endet mit einer Explosion, beide sind tot.

Kritik an Palzhoff
Juror Alain Claude Sulzer ergriff als erster das Wort: "Ich habe das noch nie gemacht, daher springe ich gleich ins kalte Wasser." Die Erzählung spiele mit Filmstilen, die Wirklichkeit komme "wie ein Geräusch von außen". Ursula März meinte anschließend: "Dieser Text ist hochpolitisch." Er sei interessant und "hoch aufgeladen", doch es gebe ein Problem, weil sie nicht verstehe, welche Haltung der Autor einnehme. Klaus Nüchtern stieß sich daran, dass "mir der Text dauernd sagt, was er tut". Zudem sei die Nacherzählung eines Films literarisch eher unergiebig. Ijoma Mangold, der Palzhoff vorgeschlagen hat, verteidigte seinen Autor naturgemäß, "Livia" sei gebaut wie eine Novelle.

Schriftstellerin Alina Bronsky
Alina Bronskys Protagonistin ist eine 17-Jährige russischer Abstammung, die ihren Stiefvater umbringen und ein Buch über ihre Mutter schreiben möchte. Der Grund dafür: Der Mann hat ihre Mutter ermordet. Sie lebt mit ihren zwei jüngeren Geschwistern und einer Cousine, die aus Nowosibirsk nach Deutschland gekommen ist, um die Halbwaisen zu betreuen, in einem Wohnblock. Die Probleme der durch die Bluttat traumatisierten Kinder und der Alltag werden von Bronsky fast beiläufig, aber nicht oberflächlich, in die Geschichte eingeflochten. Wie sie ausgeht, erfährt man im Herbst, da erscheint das Buch.

Kritik an Bronsky
Daniela Strigl fand den Text "sehr erfrischend" und sehr gut gemacht. März erklärte, sie brauche einen Psychologen, der ihr den Text erkläre. Juryvorsitzender Burkhard Spinnen meinte, es seien viele Haltungen in der Romanfigur zu finden, doch sei zu vieles vorhersehbar. Andre Heiz konstatierte, er habe nichts gegen Neorealismus, aber es gebe zu viele Widersprüche, der Text bediene jeden Leser nach seinem Gusto. Mangold warf sich für seine Wahl in die Bresche.

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